Vertrauen oder Kontrolle - Wie das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen?

Führung zwischen Vertrauen und Kontrolle: Ein dialektischer Blick auf zwei wichtige Führungshandlungen

Die Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle ist für Führungskräfte entscheidend, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und die Unternehmensziele im Blick zu behalten. Die gängige Redewendung „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ wird häufig – und das eher beiläufig – in Kontexten verwendet, in denen klar auf Struktur, Ordnung und Absicherung gesetzt wird. Gleichzeitig liest man in vielen Führungsratgebern und in sozialen Medien, dass eine vertrauende Führungshaltung der kontrollierenden Haltung zu bevorzugen sei. Das Propagieren einer Vertrauenskultur hat, zumindest in organisationalen Kontexten von Agilität und New Work, aktuell Hochkonjunktur und gilt als wirksames Elixier einer modernen und zeitgemäßen Zusammenarbeit.

Vertrauen und Kontrolle – Widerspruch oder Ergänzung?

Doch stehen diese beiden Führungs- und Handlungsprinzipien wirklich in einem unauflösbaren Gegensatz? Oder sind sie zwei Seiten derselben Medaille und können gar nicht ohneeinander existieren? Ein dialektischer Blick hilft, diese Frage differenzierter zu betrachten.

Zunächst müssen wir uns jedoch vor Augen führen, dass wir Menschen sind: Unsere beobachtbaren Handlungen – geleitet von Emotionen, Erfahrungen und Sozialisation – sind stets unberechenbar bzw. nicht vollständig kalkulierbar. So bleiben innerpsychische Motive und Interessen, die hinter getroffenen Entscheidungen stehen, häufig im Verborgenen. Gleichzeitig sind alle Organisationen oder Teams auf uns Menschen angewiesen: Stabile Prozesse oder notwendige Veränderungen entstehen oder werden durch uns aufrechterhalten. Das mag zunächst nicht überraschen, ist aber für den Bezug dieses Artikels essenziell. Die durch die Wechselwirkung zwischen Menschen (psychisches System) und Organisation (Kommunikationssystem) entstehende soziale Komplexität kann u.a. durch die „Mechanismen“ Kontrolle und Vertrauen be- und verarbeitet werden.

Das Zusammenspiel von Vertrauen und Kontrolle

Während Kontrolle häufig mit Misstrauen oder Mikromanagement gleichgesetzt wird, signalisiert Vertrauen das Zutrauen in die Fähigkeiten und die Integrität von Mitarbeitenden. Doch beides greift zu kurz. In einer komplexen Welt, in der Führungskräfte mit Unsicherheit, Dynamik und Ambiguität umgehen (lernen) müssen, sind sowohl Vertrauen als auch Kontrolle essenzielle und unerlässliche Führungs- und Handlungsprinzipien, die im Sinne der Organisation eingesetzt werden sollten.
Vertrauen ist häufig dann eine notwendige Führungshandlung, wenn aktuell zu viel gleichzeitig passiert bzw. entschieden werden muss. Durch Viel- und Mehrdeutigkeiten des Status quo reduziert Vertrauen vorhandene Komplexität (Luhmann, 2014, S. 27) und ermöglicht es bspw. der Führungskraft, sich mit anderen, im Moment wichtigeren Führungsentscheidungen auseinanderzusetzen. Ohne Vertrauen müsste stets jedes Detail überprüft werden, was sehr zeitintensiv wäre und langfristig zur Überforderung führt. Vertrauen setzt also auf eine ungewisse Zukunft und erfordert folglich immer auch Mut. Eine Führungskraft, die vertraut, nimmt das Risiko auf sich, enttäuscht zu werden. Daher benötigen Führungskräfte, die auf Vertrauen setzen, auch eine entsprechende Enttäuschungskompetenz – also einen adäquaten Umgang mit Situationen, in denen sie selbst enttäuscht werden oder andere enttäuschen, wenn sie z. B. gewährtes Vertrauen zurücknehmen und verstärkt kontrollieren.
Gleichzeitig ist Kontrolle natürlich nicht per se schlecht. Im Gegenteil! Kontrolle bedeutet nicht zwangsläufig Misstrauen, sondern kann als verantwortungsvoller, regulierender Mechanismus verstanden werden. In Unternehmen braucht es Verlässlichkeit und Strukturen, um Prozesse effektiv zu gestalten. Kontrolle ermöglicht es, Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und die Qualität der Arbeit zu sichern. Sie kann Mitarbeitenden Orientierung und Sicherheit bieten – wenngleich Kontrolle immer nur punktuell ausgeführt werden kann und das Autonomiebedürfnis von Mitarbeitenden einschränkt. Dort, wo vertraut wird, muss gleichzeitig auch kontrolliert werden – sonst würde daraus blindes Vertrauen werden (Eidenschink/ Merkes, 2021, S.69 ff). Wenn jedoch alles und jeder ständig kontrolliert wird, würde die Organisation in sich zusammenbrechen.
 Jede Führungskraft, jedes Team und letztlich auch jede Organisation muss sich im Zeitverlauf immer wieder neu der Frage zuwenden, wie kontrolliert bzw. vertraut werden soll, damit die vielschichtigen Ziele und Zwecke des Unternehmens erfüllt werden können.

Wann braucht es was? Entscheidungsprozesse von Führung in der Dauerschleife zwischen Vertrauen und Kontrolle

Ein dialektischer Ansatz von Vertrauen und Kontrolle bedeutet folglich nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“. Vertrauen und Kontrolle gehören zusammen und können sich gegenseitig verstärken. Beide Mechanismen sollten auf unterschiedlichen Ebenen (Organisation, Team, Führungskraft) immer wieder feinjustiert werden, um der jeweiligen Situation (Komplexität) gerecht zu werden.

Die Art und Weise, wie Kontrolle bzw. Vertrauen in einer Organisation über Entscheidungsprämissen umgesetzt wird, sagt viel über deren Kultur und damit über die Vergangenheit des Unternehmens aus. Eine tendenziell ängstliche, vorsichtige Unternehmenskultur fördert Kontrolle aus Misstrauen – Mitarbeitende versuchen dann eher, Sanktionen zu vermeiden, als Verantwortung zu übernehmen. Eine Kultur, in der sich eher vertraut wird, nutzt Kontrolle als Feedbackmechanismus, der notwendige Entwicklungen sichtbar macht.
Neben vielen undurchsichtigen und nicht kausal planbaren Entscheidungen und Einflüssen entsteht eine Vertrauenskultur (Vertrauen der Mitarebiter gewinnen) auch dadurch, dass Kontrolle nicht zur Machtausübung missbraucht wird, sondern Orientierung bietet. Dies ist natürlich wieder ein verborgener, in uns Menschen ablaufender Prozess, der nicht exakt bestimmbar ist. Die Narrative von Führungskräften und die gemachten Erfahrungen von Mitarbeitenden spielen hierbei eine bedeutsame Rolle. Wenn Menschen erfahren, dass Kontrolle nicht der Einschränkung, sondern der Verlässlichkeit dient, fördert dies eine vertrauensvolle Kultur.

Ein Beispiel: Ein Beratungsunternehmen möchte weg von reiner Anwesenheitskontrolle und setzt auf Ergebnisorientierung. Statt starrer Zeitvorgaben gibt es regelmäßig Peer-Reviews, in denen sich Teams gegenseitig Feedback geben. Kontrolle wird so nicht von oben verordnet, sondern in die Verantwortung der Teams gelegt.

Fazit: Kontrolle braucht Vertrauen – Vertrauen braucht Kontrolle

Je nach Kontext, Teamzusammenstellung und organisationaler Kultur kann das Pendel mal stärker in Richtung Vertrauen oder stärker in Richtung Kontrolle ausschlagen. Die Redewendung „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ würde wir folglich also gerne beiseite legen. Die Frage ist auch nicht „Vertrauen oder Kontrolle?“, sondern „Wie kann Kontrolle vertrauensvoll und Vertrauen mit kluger Kontrolle gestaltet werden?“. Führungskräfte, die diese Dynamik mit Bedacht einsetzen, schaffen eine Balance, die sowohl Sicherheit als auch Eigenverantwortung ermöglicht. In einer sich wandelnden Arbeitswelt bleibt die Kunst, situativ zwischen Vertrauen und Kontrolle zu navigieren, eine der zentralen Führungsherausforderungen.

Literaturverweise in diesem Artikel:

Eidenschink, K. / Merkes, U. (2021): Entscheidungen ohne Grund, Vandenhoeck & Ruprecht

Luhmann, N.(2014): Vertrauen – 5. Auflage, UVK Verlagsgesellschaft mbH

10 systemische Denkansätze für wirksame Führung

Führung heute ist nicht mehr das, was sie einmal war – und das ist gut so!
In einer Welt, die von stetigem Wandel, wachsender Unsicherheit und zunehmender Komplexität geprägt ist, genügt es nicht mehr, als Führungskraft heroisch an der Spitze zu stehen, vermeindlich klare Befehle zu erteilen und darauf zu hoffen, dass alle folgen. Die Realität sieht anders aus und das ist vierlorts beobacht- und spürbar. Dabei gleichen Organisationen lebenden, dynamischen (Kommunikations-)Systemen, in denen Führung vor allem eins ist – ein sozialer, nicht vollends planbarer, Prozess.

Als Führungskraft sind Sie nicht nur Entscheider*in, sondern auch Möglichmacher*in. Sie lenken nicht alles selbst, sondern schaffen Räume für Selbstorganisation, bieten Orientierung und verwandeln Unsicherheiten in produktive Energie. Dabei erfordert es Mut, nicht nur andere zu führen, sondern sich selbst immer wieder zu hinterfragen und einige der spontanen sowie strategischen Führungsimpulse im Nachhinein zu reflektieren.

Die nachfolgenden Denkanstöße bieten Ihnen theoretisch angehauchte Anregungen, wie Führung auch gesehen werden könnte. Die Gedanken basieren auf einer systemtheoretischen Perspektive von Führung und Organisation und laden dazu ein, gängige Führungsmythen und möglicherweise auch Ihr eigenes Führungsverständnis zu hinterfragen bzw. anzureichern.

Wenn Sie hierzu konkrete Fragen haben, melden Sie sich gerne bei uns via E-Mail: info@dasperspektivenwerk.de

Viel Spaß beim Lesen.

1. Betrachten Sie Führung und Organisation als Einheit

Führung ist nicht unabhängig von der jeweiligen Organisation zu. Wie sollte das auch möglich sein? Dort wo sich Führung inszeniert, hat es automatisch auch etwas mit dem entsprechenden Kontext zu tun. Führung spiegelt die Kultur, Strukturen und Ziele der Organisation wider. Fragen Sie sich daher regelmäßig: „Wie beeinflusst meine Führung die Organisation – und wie prägt die Organisation meine Führung? – Gibt es Anpassungsbedarf? Welchen Spielraum habe ich dafür?“

2. Führen Sie auch durch Strukturen, nicht nur ausschließlich durch Handeln

Führung bedeutet, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Teams eigenständig und effektiv arbeiten können. Ihre Aufgabe ist es, Orientierung zu geben, nicht ständig selbst einzugreifen.

3. Lenken Sie den Fokus der Aufmerksamkeit

Organisationen bestehen aus Kommunikation und basieren im Heute auf vergangenen Entscheidungen. Führung bedeutet in der Gegenwart, den Fokus der Aufmerksamkeit des Systems entsprechend der Ziele/ Zwecke zu lenken. Führungskräfte setzen Impulse, die definieren, worüber gesprochen, entschieden und gehandelt wird. Indem sie Prioritäten setzen und Orientierung bieten, ermöglichen Sie es dem System, sich auf wesentliche Themen zu konzentrieren und Unsicherheit in Handlungsfähigkeit zu transformieren. Führung ist damit weniger Steuerung und mehr eine Kunst der Lenkung von Aufmerksamkeit auf das, was für das System relevant und wichtig ist.

4. Führung ist Teamarbeit

Heroische Führung ist ein Mythos, denn Führung kann nicht dauerhaft durch eine Person bestimmt werden! Stattdessen liegt die Stärke von Organisationen in der Zusammenarbeit – ein ständiges austarieren zwischen Konflikt und Kooperation. Fördern Sie die Verantwortungsübernahme von einzelnen Mitarbeitenden und Teams, denn auch sie sind mitverantwortlich für den Fühungsprozess und damit auch für tragfähige Entscheidungen.

5. Führung besteht immer aus Grenz- und Verbindungsmanagement

Führung bedeutet, Verbindungen und Grenzen zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Interessen zu schaffen. Achten Sie darauf, Räume (oder gar Regeln) für problem- und lösungsorientierten Dialog zu schaffen, um sicherzustellen, dass möglichst viele relevanten Stimmen gehört werden. Denn Sie als Führungskraft befinden sich an unterschiedlichen Schnittstellen – zwischen Selbst-, Team-, Organisationsführung und dem Management mit externen Stakeholdern. Nutzen Sie diese Position, um im Sinne der Organisation Verbindungen einzugehen oder zu trennen.

6. Fördern Sie Selbstbeobachtung – bei sich und im System

Führung bedeutet auch, die Organisation zur Reflexion über ihre eigenen Entscheidungen zu befähigen. Schaffen Sie regelmäßig Raum und Zeit des Überprüfens (Metaebene/ 2. Ordnung), damit Sie selbst, Ihr Team und das Führungssystem lernt sich selbst zu beobachten.

7. Akzeptieren Sie Unsicherheit als kreatives Potenzial

Unsicherheit gehört zur Realität komplexer Systeme. Gute Führung erkennt Unsicherheiten und transformiert sie in (neue) Entscheidungsräume. Seien Sie sich bewusst, dass Unsicherheit und Nichtwissen oft ein wertvoller Ausgangspunkt für innovative Lösungen ist.

8.Konflikte lassen sich nicht lösen, sondern nur bearbeiten

Konflikte lassen sich nicht endgültig lösen, weil sie Ausdruck von unterschiedlichen Abteilungszielen oder Interessen sind. Organisation sind sozusagen um Konflikt herum „gebaut“. Als Führungskraft braucht man daher die Bereitschaft, sich mit unterschiedlichsten Paradoxien und Widersprüchen auseinanderzusetzen, da diese  nicht auflösbar, sondern gestaltbare Spannungsfelder sind, die kreative Lösungen und Entwicklung ermöglichen (und manchmal auch echt nerven können, da sie immer weider auftreten).

9. Autorität muss sich täglich neu verdient werden

Ihre Autorität gründet in der vergangenen Bewährung von Aussagen über Sie selbst oder Ihre Handlungen, der Bezug ist also die Vergangenheit. Um Autorität und die Wahrscheinlichkeit von Akzeptanz für Sie und ihr handeln hochzuhalten, ist es wichtig, dass Sie sich konsistent verhalten: Machen Sie das, was sie sagen und sagen Sie das, was Sie machen. Dadurch schaffen Sie Sicherheit sowie Orientierung für andere.

10. Erlauben Sie sich, nicht perfekt zu sein

Führung erfordert Mut, Fehler zuzulassen – bei Ihnen selbst und im Team. Verabschieden Sie sich von der Illusion der Kontrolle, denn die Zukunft ist ja sowieso immer ungewiss und oft genug kommt es anders als wir denken.

Quellenangabe:

Inhaltlich lassen sich die Ausführungen hier auf unterschiedliche Autoren und Praktiker aus dem systemischen/ systemtheoretischen Feld zurückführen. U.A. sind hier zu nennen: Prof. Dr. Rudolf Wimmer, Klaus Eidenschink, Torsten Groth, Timm Richter, etc. Sollte hier eine fehlerhafte oder unvollständige Angabe vorliegen, bitten wir Sie um einen entsprechenden Hinweis. Vielen Dank.

Systemisches Coaching - Ein vertiefender Blick auf den Hype

Systemisches Coaching – Was ist das überhaupt? Ein Erklärungsversuch:

Systemisches Coaching ist eine lösungs- und ressourcenorientierte Methode, die darauf abzielt, Menschen bei ihren Anliegen und daraus abgeleiteten Zielen sinnstiftend zu begleiten. Häufig bezieht sich das Anliegen des Coachees (Kunden) auf berufliche Herausforderungen oder auch persönliche Herausforderungen wie bspw. die Bewältigung von Konfliktsituationen.

Im Einzelcoaching arbeiten Coach/Coachin und Coachee eng zusammen – aus der Zusammenarbeit entsteht ein System (Kommunikationssystem) aus zirkulären Wechselwirkungen, in dem der Coach/die Coachin bestenfalls auf einer Meta-Ebene den Coachingprozess stets hinterfragt und mitlaufen lässt, um im Sinne des Anliegens/Ziels des Coachees intervenieren zu können.

Im Prozess des systemischen Coachings wird das Anliegen des Coachees, also zum Beispiel ein Streit mit der besten Freundin, im Kontext also dem Gesamtbild betrachtet, um natürlich hierbei auch auf die Auswirkungen beim Coachee zu blicken. Der Coach/die Coachin stellt im Verlauf des Coachingprozesses gezielte „systemische Fragen“, die den Coachee zum Nachdenken anregen und ihm/ihr neue Perspektiven auf sein/ihr Anliegen eröffnet.

Das Ziel besteht darin, im Coachee neue, attraktive Handlungspotenziale freizusetzen, Möglichkeitspielräume erkennen zu lassen, um für sich in eine „neue Bewegung“ zu kommen. Verändertes Verhalten führt zu veränderten Resonanzen im Bezugsystem (Kontext).

Systemisches Business Coaching

Systemisches Coaching und systemisches Businesscoaching haben viele Gemeinsamkeiten, da beide Ansätze die Grundprinzipien der Systemtheorie in der Arbeit mit Einzelpersonen oder Gruppen verwenden. Systemisches Businesscoaching konzentriert sich spezifisch auf Themen im geschäftlichen Kontext. Hierbei können Ziele wie Leadership-Entwicklung, Teamdynamik, Karriereplanung oder Problemlösung in organisatorischen Strukturen im Vordergrund stehen.

Das bedeutet jedoch nicht (!), dass es auch hierbei nicht sehr persönlich werden kann, denn in jedem professionellen Coaching muss aufrichtig auf sich selbst geguckt werden. D.h. im Coaching werden natürlich die Auswirkungen des Kontextes auf die eigene Person beleuchtet, um Muster, Glaubenssätze, festgefahrene Blickwinkel, etc. zu erkennen.

Unterschied zwischen Beratung und Coaching

Es ist aus unserer Sicht sehr wichtig, diese beiden Ansätze strikt zu trennen. Unserer Erfahrung nach wissen Coachees oftmals nicht, was sie erwartet, wenn sie ein Coaching buchen. Deshalb empfehlen wir vorab immer ein Erstgespräch zwischen Coach/ Coaching und Kunden/ Kundin.

Was Beratung auszeichnet

Beraterinnen und Berater bringen typischerweise Fachwissen und Erfahrung in einem bestimmten Bereich mit. Sie bieten Ratschläge, Empfehlungen und Lösungen für spezifische Probleme oder Herausforderungen. Ziel ist es, konkrete Probleme zu lösen oder Fachwissen zu vermitteln. Die Beraterin gibt spezifische Anleitungen, um Probleme zu bewältigen oder Ziele zu erreichen.

Die Verantwortlichkeit für die Lösung des Problems liegt häufig bei dem/der Expertenberater*in. Nehmen Kunden häufig externe Beratung in Anspruch, können Abhängigkeitstendenzen vom Kunden- zum Beratungssystem entstehen.

Was Coaching auszeichnet

Coaching ist ein Prozess und unterstützt den/die Kund*in, eigene Ressourcen und Lösungen hinsichtlich einer Problemstellung zu entdecken und zu entwickeln. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Selbstreflexion, Bewusstsein und Handlungskompetenzen. Coaching konzentriert sich auf persönliches Wachstum, berufliche Entwicklung und die Erreichung individueller Ziele.

Der Coachee treibt den Prozess auch zwischen den Coachingeinheiten voran und entwickelt somit sukzessiv eigene Lösungen. Coaching bedeutet Weg- oder Prozessbegleitung (Hilfe zur Selbsthilfe). Die Verantwortung liegt primär beim Coachee. Der Coach unterstützt dabei und versucht sich möglichst überflüssig zu machen, um (emotionale) Abhängigkeiten unbedingt zu vermeiden.

Vorteile eines Coachings gegenüber einer Beratung

Wir möchten hiermit Beratungen auf keinen Fall Sinn oder Bedeutung absprechen, im Gegenteil. Beratung hat Vorzüge und eine lange Tradition. Nichtsdestotrotz ist für uns die Tendenz auffällig, dass wir zumindest in Deutschland, ein sehr beratungsorientiertes Land sind. In Beziehungen und auch in Sachthemen ist „guter Rat oft teuer“.

Es wird häufig lieber „bessergewusst“ und beraten als die Person oder das Team gegenüber dabei zu unterstützen, eigene Lösungen zu finden. Aus unserer Sicht ist Coaching eine adäquate Methode und Antwort auf die Herausforderungen unserer Welt.

Vorteile von Coaching gegenüber Beratung:

  • Selbstentdeckung und Selbstverantwortung statt Abhängigkeit
  • Prozessorientierung statt Expertise
  • Fokus auf Weiterentwicklung statt auf (schnelle) Lösungen
  • Förderung von Gleichwertigkeit statt Förderung von Expertentum
  • Effektivität statt Effizienz

Auch in Coachingprozessen kann eine Kombination aus Coaching und Beratung die effektivste Herangehensweise sein. Wichtig hierbei ist jedoch, dass der Coach/die Coachin den Kunden vorab fragt, wenn er/sie eine eigene Lösung formuliert oder präsentiert.

Methoden im systemischen Coaching

Wir möchten hier fünf gängige Methoden bzw. Werkzeuge aus dem systemischen Coaching vorstellen.

Externalisierung

„Nicht die Person oder die Beziehung ist das Problem, sondern das Problem ist das Problem.“ (White/Epston 2002) Unser herkömmlicher Sprachgebrauch tendiert dazu, Person und Problem gleichzusetzen: Wir sagen zum Beispiel: „Eine Person ist aufsässig“. Dadurch werden Person und Problem sprachlich miteinander verknüpft, wobei das Problem in die Person eingebettet wird – es wird als ein Teil der Person betrachtet, als ein Wesensmerkmal oder eine Charaktereigenschaft.

Eine solche Sichtweise hat jedoch zur Folge, dass es für die Person äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich wird, sich von ihrem Problem zu lösen. Durch die Externalisierung wird diese Verknüpfung aufgehoben, das Problem bzw. seine Merkmale werden aus der Person herausgelöst (externalisiert), wodurch eine Trennung von Problem und Person erfolgt. Auf diese Weise wird es möglich, die Dynamik und Richtung der Interaktion zwischen dem Betroffenen und seinem Problem genau zu untersuchen.

Die Methode der Externalisierung wurde von Michael White in seiner therapeutischen Arbeit mit Kindern entwickelt. Sie hat gezeigt, dass Kinder in der Therapie viel leichter kooperieren, wenn sie nicht als das „ungezogene“, „aufsässige“, „böse Kind“ bezeichnet werden, das sich bessern müsse.

Leichter zugänglich und letztlich kooperativer werden sie, wenn sie beispielsweise gefragt werden, wann denn der „Schlingel“ sie wieder einladen würde Unsinn zu machen… und wie sie auf diese Einladung reagieren würden, ob sie der Einladung immer folgen oder nur manchmal, und wie es sei, wenn sie dem „Schlingel“ widersprechen würden….

Die Externalisierung des Problems hat zum Ziel, die Kunden dabei zu unterstützen, sich von den beherrschenden Geschichten zu lösen. Wenn es den Mitgliedern eines Systems gelingt, sich von ihren „problembefrachteten Beschreibungen“ zu distanzieren, können sie Aspekte ihrer gelebten Erfahrung erkennen, die sie bisher übersehen haben.

Ein Team bspw. muss sich klar darüber werden, dass nicht ein Mitarbeiter zwangsläufig „böse“ oder „aufsässig“ ist, sondern dass es bspw. einen „Scharlaten“ gibt, der ihn zu den Missetaten verführt. Gelingt dies, wird es dem Team möglich, einen neuen Blick für das Problem zu gewinnen. Es kann bislang unbeachtete Aspekte gelebter Erfahrung im Umgang mit dem „Scharlaten“ entdecken und damit beginnen, eine neue, andersartige und weniger problembehaftete Geschichte zu entwerfen.

Refraiming (oder auch Rekontextualisierung)

Wir gehen von der Annahme aus, dass menschliche Denkmuster, Zuschreibungen und Erwartungen in der Regel einen Rahmen (Frame) bilden. Dieser Rahmen dient als eine Art Ordnung, durch die Ereignisse interpretiert und wahrgenommen werden.

Changing your reality, by changing your description.

Reframing ermöglicht es, dasselbe Verhalten völlig anders zu betrachten, zu bewerten und zu erleben. Es eröffnet neue Interpretationen der Wirklichkeit.

Beispiele: Von der alten Beschreibung/ Deutung zur neuen Beschreibung/ Deutung…

  • Das Glas ist halbleer – Das Glas ist halbvoll
  • Das erhaltene Feedback habe ich als Kritik wahrgenommen – Das erhaltene Feedback liefert mir neue Impulse für persönliches Wachstum
  • Die gegenwärtigen Veränderungsimpulse sind beängstigend – Durch die gegenwärtigen Veränderungsimpulse entstehen neue Möglichkeiten und Chancen

Anwendung: Der Coach unterstützt den Coachee dabei, herausfordernde Situationen anders zu betrachten und alternative, attraktive Sichtweisen zu entwickeln. Nutzen: Eröffnet neue Denkmuster, fördert Kreativität und trägt dazu bei, positive Veränderungen herbeizuführen.

Inneres Team

Das Modell des Inneren Teams gehört zu den Ego-State-Ansätzen. Das innere Team wurde von Friedemann Schulz von Thun entwickelt. Ego-Stat-Ansätze gehen davon aus, dass wir im inneren viele unterschiedliche Anteile haben bzw. Teammitglieder haben.

Jedes innere Teammitglied, jede unterschiedliche innere Stimme, verdeutlicht eine andere innerliche Perspektive und damit verbundene Bedürfnisse in Verbindung mit dem geschilderten Kontext. Diese Methode arbeitet mit inneren Konflikten und Ambivalenzen.

Im Coaching ist die Methode des inneren Teams hilfreich, um den Coachee dazu zu bringen, die verschiedenen Anteile seiner Persönlichkeit zu erkennen, miteinander in den begleiteten Austausch zu führen, um schlussendlich einen für die Zielausrichtung des Coachees sinnstiftenden inneren Dialog zu üben und intentional fortzuführen.

Die Methode hilft dabei innere Konflikte zu erkennen, fördert die Würdigung einzelner Anteile und fördert die Selbstakzeptanz.

Auch bei der Entscheidungsfindung kann diese Methode unterstützen.

Strukturaufstellungen

Systemische Strukturaufstellungen gehen zurück auf Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Im Coachingprozess ist die Strukturaufstellung eine wirkungsvolle Methode, um die unsichtbaren Dynamiken von Systemen zu visualisieren.

Hierbei können Stellvertreter oder auch physische Repräsentationen (z.B. von der Glasflasche über den Kugelschreiber bis hin zur Couch) relevanter Systemelemente eingesetzt werden. Diese Methode dient im Coaching dazu, verborgene Muster, Hierarchien und Dynamiken in einem System aufzudecken. Durch die visuelle Repräsentation von sozialen Systemen schafft sie ein tieferes Verständnis für deren Struktur.

Nutzen: Bei dem Coachee fördert die Auseinandersetzung mit der Struktur und den verschiedenen Elementen im Raum ein tieferes Verständnis für die eigene Situation. Die Methode eröffnet neue Möglichkeitsräume, alternative Perspektiven und auch Lösungsansätze. Beispiele für Strukturaufstellungen im Coaching sind das Tetralemma- oder die Ambivalenz-Struktur.

Systemische Fragestellungen

 Folgend finden Sie fünf unterschiedliche systemische Fragestellungen mit je drei Beispielen unterlegt:

  • „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie zufrieden bist du derzeit mit deinem beruflichen Fortschritt?“
  • „Wie stark würdest du deine Teamzusammenarbeit auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten?“
  • „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie wirksam waren die letzten Änderungen im Projekt XY?“
  • „Kannst du mir eine Zeit beschreiben, in der das Problem nicht so präsent oder weniger belastend war?“
  • „Gibt es Momente, in denen du das Gefühl hast, dass die Dinge besser laufen?“
  • „Wann hast du bemerkt, dass die Kommunikation in deinem Team besonders effektiv war?“
  • „Was fällt euren Kunde auf, wenn ihr professioneller auftretet?“
  • „Was könnte dein Partner wahrnehmen, wenn du lernst besser auf dich Acht zu geben?
  • „Was glaubst du ändert sich im Teamgefüge, wenn Änderung XY eintritt?“
  • „Stell dir vor, du kommst morgen zur Arbeit, und dein größtes Problem ist verschwunden. Was hat sich geändert?“
  • „Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würde sich in Bezug auf deine Herausforderung verbessern?“
  • „Wenn magische Kräfte dein Team beeinflussen könnten, wie sähe die ideale Zusammenarbeit aus?“
  • „Kannst du eine Metapher oder Geschichte finden, die deine derzeitige Situation beschreibt?“
  • „Stelle dir vor, du bist der Kapitän eines Schiffes. Wie navigierst du durch die gegenwärtige Herausforderung?“
  • „Wenn dein Team eine Geschichte über Erfolg erzählen würde, wie würde sie lauten?“

Wie wird man ein systemischer Coach/ eine systemische Coachin?

Der Begriff „systemischer Coach“ ist rechtlich nicht geschützt, was bedeutet, dass im Grunde genommen jeder sich als systemischer Coach bezeichnen kann. Der systemische Ansatz ist universell zugänglich und erfordert daher auch kein spezifisches Vorwissen. Wesentlich sind jedoch kommunikative Kompetenzen und die Bereitschaft, sich in die Person gegenüber einzufühlen und sich stetig in Systemtheorie weiterzubilden. Für eine erfolgreiche Berufspraxis ist entscheidend von Bedeutung die systemische Haltung stetig zu üben und zu trainieren.

Wir empfehlen eindringlich eine Coachingausbidlung zu absolvieren, die von einem der drei großen Coachingverbänden in Deutschland zertifiziert ist:

  • DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) e. V.
  • dvct – Deutscher Verband für Coaching und Training e.V.
  • DBVC – Deutscher Bundesverband Coaching e.V.

Ausbildung für systemisches Coaching

Eine systemische Coachingausbildung ist ein Lern- und Entwicklungsprozess, der darauf abzielt, Fachleute im Bereich Coaching auszubilden. Systemisches Coaching basiert auf der Annahme, dass Menschen und ihre Probleme in einem größeren sozialen und organisatorischen Kontext betrachtet werden sollten.

Eine systemische Coachingausbildung deckt in der Regel eine Vielzahl von Themen ab, darunter:

  • Systemisches Denken und Handeln: Teilnehmerinnen lernen, komplexe Systeme zu verstehen und zu analysieren, einschließlich ihrer Strukturen, Beziehungen und Dynamiken.
  • Kommunikation und Interaktion: Es werden Fähigkeiten vermittelt, um effektiv mit Einzelpersonen, Gruppen und Teams zu kommunizieren und zu interagieren.
  • Coaching-Techniken und Methoden: Teilnehmerinnen werden in verschiedene Coaching-Techniken und -Methoden eingeführt, die darauf abzielen, die Selbstreflexion und das Lernen zu fördern.
  • Ethik und Professionalität: Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung ist die Vermittlung von ethischen Standards und professionellen Richtlinien im Coaching.
  • Fallstudien und Praxiserfahrung: Die Ausbildung beinhaltet in der Regel praktische Übungen, Fallstudien und Supervision, um den Teilnehmer*innen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten in realen Situationen anzuwenden und zu entwickeln.
  • Die Ausbildung kann je nach Anbieter und Programm variieren. Aus unserer Sicht ist es ratsam eine Coachingausbildung von einem der drei großen Coachingverbände (siehe unter Punkt „Wie wird man ein systemischer Coach“) zu absolvieren.
  • Systemisches Coaching fördert die – persönliche Entwicklung, berufliche Weiterentwicklung, Teamarbeit, Organisationsentwicklung und vieles mehr.

Wer wir sind

Wir lassen uns ein – auf Menschen, Teams und Organisationen. Wir verbinden uns mit den Anliegen unserer Kundinnen und Kunden, hören aufrichtig zu und stellen Fragen, die bewegen.

Unser Job? Wir begleiten Veränderung. Bewusst, reflektiert und mit einem feinen Gespür für Dynamiken und Wechselwirkungen. Dabei bleiben wir anspruchsvoll und flexibel zugleich – mit einer Haltung der Neugier und Bedachtheit. Denn echte Entwicklung braucht Raum, Resonanz und manchmal auch die richtigen Irritationen.

Was uns dabei leitet, ist die Überzeugung, dass jedem Menschen und jedem sozialen System eine eigene Kraft innewohnt. Eine Kraft, die – mit dem richtigen Fokus – dabei hilft, Komplexität zu navigieren, Herausforderungen anzunehmen und Entwicklung gelassen sowie zielorientiert zu gestalten.

Unsere Erfahrung in Coaching, Teamentwicklung und Organisationsberatung fließt nicht nur in unsere Arbeit mit Klienten ein. Wir geben sie auch weiter – als Lehrtrainer*innen für Systemisches Coaching in München. Wir bilden Fach- und Führungskräfte, Coaches und Berater*innen aus, die ihre eigene Wirksamkeit im Umgang mit Veränderungsprozessen vertiefen möchten. Mehr über unsere Ausbildung in Kooperation mit Syscoach.

Häufig gestellte Fragen zum Systemischen Coaching (Faqs)

Systemisches Coaching ist eine lösungs- und ressourcenorientierte Methode, die Menschen bei beruflichen oder persönlichen Herausforderungen begleitet. Der Fokus liegt darauf, das Anliegen des Coachees im breiteren Kontext zu betrachten und durch gezielte Fragen neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Ziel ist es, die Selbstreflexion und die Entwicklung eigener Lösungen zu fördern, wobei der Coach den Prozess auf einer Meta-Ebene begleitet und darauf achtet, keine Abhängigkeiten entstehen zu lassen.

Der Hauptunterschied liegt in der Herangehensweise und dem Ziel. Beratung bietetExpertenwissen, Ratschläge und konkrete Lösungen für spezifische Probleme, wobei die Verantwortlichkeit oft beim Berater liegt. Systemisches Coaching hingegen unterstützt den Coachee dabei, eigene Ressourcen und Lösungen zu entdecken und zu entwickeln. Der Fokus liegt auf der Förderung von Selbstreflexion, Bewusstsein und Handlungskompetenzen, wobei die Verantwortung primär beim Coachee liegt. Coaching ist prozessorientiert und zielt auf die Weiterentwicklung ab, während Beratung oft auf schnelle Lösungen ausgerichtet ist.

Systemisches Coaching fördert Selbstentdeckung und Selbstverantwortung anstelle von Abhängigkeit. Es ist prozessorientiert statt auf reine Expertise fokussiert und legt den Schwerpunkt auf die persönliche Weiterentwicklung anstatt auf schnelle Problemlösungen. Zudem fördert es Gleichwertigkeit zwischen Coach und Coachee und zielt auf langfristige Effektivität statt kurzfristiger Effizienz.

Einige gängige Methoden sind die Externalisierung, bei der das Problem von der Person getrennt betrachtet wird, um neue Perspektiven zu gewinnen; Refraiming, das die Umdeutung von Situationen zur Eröffnung neuer Sichtweisen ermöglicht; die Arbeit mit dem Inneren Team, um verschiedene Persönlichkeitsanteile zu erkennen und in Dialog zu bringen; Strukturaufstellungen, die unsichtbare Systemdynamiken visualisieren; und der Einsatz systemischer Fragestellungen, wie Skalierungs-, Ausnahme-, zirkuläre, Wunderfragen sowie Metaphern und Geschichten, um neue Denkprozesse anzustoßen.

Externalisierung ist eine Methode, bei der das Problem oder die Herausforderung als etwas außerhalb der Person Liegendes betrachtet wird. Anstatt zu sagen „Ich bin unorganisiert“, könnte man sagen „Die Unordnung beeinflusst mein Leben“. Ziel ist es, die Verknüpfung zwischen Person und Problem aufzuheben, um die Dynamik des Problems zu untersuchen und neue Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dies kann durch Fragen geschehen, die das Problem personifizieren oder nach dessen Einfluss fragen, um so eine Distanzierung und einen neuen Blickwinkel zu ermöglichen.

Refraiming oder Rekontextualisierung bezeichnet die Technik, ein und dasselbe Verhalten oder eine Situation in einen neuen Deutungsrahmen zu stellen. Dadurch kann die Bewertung und die emotionale Reaktion darauf verändert werden. Beispielsweise kann ein als „kritisch“ wahrgenommenes Feedback als „Impuls für persönliches Wachstum“ reframed werden. Ziel ist es, neue, positivere oder konstruktivere Sichtweisen zu entwickeln, die neue Denkmuster und Handlungsspielräume eröffnen.

Systemische Fragen sind gezielte Fragen, die darauf abzielen, den Coachee zum Nachdenken über sein Anliegen im Kontext seiner Beziehungen und Systeme anzuregen. Sie helfen, neue Perspektiven zu gewinnen, Muster zu erkennen und mögliche Auswirkungen von Veränderungen zu beleuchten. Beispiele sind Skalierungsfragen (zur Einschätzung auf einer Skala), Ausnahmefragen (nach Zeiten, in denen das Problem weniger präsent war), zirkuläre Fragen (nach der Wahrnehmung anderer), Wunderfragen (zur Vision einer gelösten Situation) sowie Fragen nach Metaphern und Geschichten (zur tieferen Veranschaulichung).

Der Begriff „systemischer Coach“ ist rechtlich leider noch nicht geschützt. Grundsätzlich kann sich jeder so bezeichnen. Für eine professionelle Ausübung wird jedoch dringend empfohlen, eine qualifizierte Coachingausbildung zu absolvieren, die von anerkannten Coachingverbänden wie der DGSF, dem dvct oder dem DBVC zertifiziert ist. Eine solche Ausbildung vermittelt systemisches Denken und Handeln, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten, verschiedene Coaching-Techniken, ethische Grundlagen und bietet praktische Erfahrungen durch Fallstudien und Supervision. Sie ist ein wichtiger Lern- und Entwicklungsprozess, um die notwendige systemische Haltung und Kompetenzen zu erwerben. Wir selbst bieten auch eine systemische Coachingausbildung an, die vom dvct zertifiziert ist. Mehr hierüber erfahren Sie auf unserer Website hier.

Teamentwicklung: Wie sich Teams durch externe Begleitung in die Entwicklung führen

Teams erschaffen sich Probleme und können lernen sich auch wieder von ihnen zu lösen

Vor während und nach einer Teamentwicklung gibt es einige Besonderheiten, die aus unserer Sicht beachtet werden dürfen, um ein für das Team wünschenswertes Ergebnis zu erzielen:

Ziele und Erwartungen

Im Vorfeld kann es hilfreich sein, dass das Team und die Führungskraft Ziele und Erwartungen für die Teamentwicklung besprechen. Dies dient dafür sich bereits vor dem Start auszutauschen, erste Punkte zu benennen und sich gemeinsam zu fokussieren. Es ist auch denkbar, dass das Team, der/ die Sinnstifter*in des Auftrages und die externe Begleitung im Vorfeld zusammen eine Art Auftragsklärungsgespräch durchführen.

In der Praxis machen wir häufig die Erfahrung, dass dieser Austausch zwischen Team und Führungskraft genau nicht stattfindet. Es ist dann Aufgabe des Beratersystems feinjustiert zu intervenieren, um sich letztlich den AUftrag vom Team (!) für diesen Prozess zu holen.

Offenheit und Mut

Eine aufrichtige und weitestgehend transparente Kommunikation ist (mit-)entscheidend für einen erfolgreichen Verlauf einer Teamentwicklung. Transparenz und Mut ermöglichen es den einzelnen Teammitgliedern ihre Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse zu teilen und Probleme anzusprechen. Dies fällt den Teammitgliedern meist einfacher, wenn die Führungskraft mit gutem Beispiel vorangeht und der oder die Teamentwickler*in einen geeigneten Rahmen hierfür schafft.

Vertrauen aufbauen

Vertrauen ist ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Teamentwicklung. Vertrauen entwickelt sich im Teamentwicklungsprozess und kann nicht eingefordert oder angeordnet werden. Viele von uns haben bereits die (Berufs-)Erfahrung gemacht, dass Vertrauen eingefordert wurde und dadurch Misstrauen entstanden ist.

Vertrauen entsteht im gemeinsamen Reflexionsprozess, da hierdurch das Team und einzelne Teammitglieder neue Informationen voneinander erhalten, die es davor nicht hatte. Komplexität wird reduziert, die Unsicherheit sinkt, das Vertrauen im Team steigt.

Feedback

Feedback über den Status Quo der Zusammenarbeit ermöglicht es dem Team, auf die Ergebnisse, Entscheidungen und die Entwicklungen zu referenzieren, um schlussendlich newusster bzw. neu darauf zu reagieren. Feedback, richtig angewandt, fördert die Belastbarkeiten der Beziehungen untereinander.

Es ermöglicht einzelnen Teammitgliedern als auch dem Team Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu verbessern, um zukünftig wirksamer zusammenzuarbeiten. Feedbackprozesse sind elementarer Bestandteil jeder Teamentwicklung.

Transfer

Der Transfer zum Ende einer jeder Teamentwicklungs-Einheit ist ein wichtiger Bestandteil und unabdingbar für einen erfolgreichen Entwicklungsprozess. Durch den Transfer entsteht Verbindlichkeit im Team. Diese ermöglicht es dem Team den Blick in die Zukunft zu richten, um gemeinsam an dem geplanten Transferziel zu arbeiten. Hilfreich ist es darüber hinaus Experimentierzeiten zu vereinbaren, um dann bei der nächsten Einheit wieder auf das Transferziel zu blicken, Learnings festzuhalten, um ggf. weiter an dem Transferziel zu feilen.

Kontinuität

Ein Teamentwicklungsprozess erfordert kontinuierliche Arbeit und Anstrengungen aller im Team. Es ist wichtig, dass das Team und die Führungskräfte die Arbeit gemeinsam fortsetzen und lernen auch im Alltag kurze Refelxionsschleifen ohne Coach bzw. Beratersystem einzubauen.

Professionalität des Coaches bzw. des Beratersystems

Es ist wichtig darauf zu achten, dass der/ die begleitende Coach*in bzw. das Beratersystem über die notwendigen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten verfügt, um Teams erfolgreich, auch bei „Turbulenzen“, zu begleiten.

Professionelle Coaches geben die Verantwortung für den Erfolg bzw. den Misserfolg des Teams immer wieder zurück ins Team. Es ist wichtig für das Team zu verstehen, dass es immer selbst für den Status Quo der Zusammenarbeit verantwortlich ist. Das Beratersystem ist Profi im Begleiten von Prozessen und liefert nur wenig Inhaltliches in der Teamentwicklung (Unterschied zum Training).

Sie intervenieren hauptsächlich auf Beziehungsebene und in die Mitte des Teams. Oftmals ist es hilfreich, dass das Beratersystem aus zwei Coaches besteht, sodass auch das Beratersystem die Möglichkeit der Reflexion während des Teamentwicklungsprozesses hat.

Am Ende des Teamentwicklungsprozesses

Aus systemischer Sicht kann der Teamentwicklungsprozess nie enden so lange das Team zusammenarbeitet. Daher verstehen wir mit dem Ende, dass das externe Beratersystem nicht mehr aktiv in die Kommunikation des Teams einwirkt und damit draußen bleibt.

Wir möchten darauf hinweisen, dass es aus unserer Sicht wichtig ist, das das Team den Refelxionsprozess fortführt. Wie? Das entscheidet das Team und die Führungskraft am besten gemeinsam. Möglichkeiten sind z.B., dass das Führungssystem oder die direkte Führungskraft die entwickelten Punkte weiter wach hält und das Team entsprechend begleitet bzw. damit konfrontiert. Ob in Einzelgesprächen oder in Teamsitzungen. Das Team ist durch den Prozess reifer in der Zusammenarbeit geworden, hat Neues gelernt und wird diese Fähigkeiten i.d.R. auch gerne weiter anwenden wollen.

Manchmal ist es ratsam, dass sich die beteiligte Führungskraft auch im Begleiten von Teams neue Fähigkeiten aneignet und lernt diese in den Führungsalltag zu integrieren. Hier ein paar Möglichkeiten hierzu bei uns.

Worauf darf sich ein Team bei einer systemischen Teamentwicklung einstellen?

Grundsätzlich, also so wie im „wahren“ Leben auch, ist eine Teamentwicklung immer eine gemeinsame Fahrt ins Ungewisse. Wir wissen einfach nicht, was kommen wird. Dennoch kann sich ein Team auf folgende Dinge in einem Teamentwicklunsprozess einstellen:

  • Zeitaufwand: Eine Teamentwicklung erfordert Zeit und Engagement von allen Teammitgliedern. Das Team sollte bereit dafür sein, Zeit zu investieren, um sich auf die Sitzungen vor- bzw. nachzubereiten und an den Aktivitäten teilzunehmen.
  • Offenheit: Echte Offenheit impliziert, dass ein System für Informationen offen ist, die es zuvor noch nie bedacht hat (Karl E. Weick). Daher sollten sich einzelne Teammitglieder darauf einstellen, dass eine gewisse Offenheit dienlich für die Entwicklung der gemeinsamen Zusammenarbeit ist.
  • Aufrichtigkeit: Um sich als Team und Einzelperson vom „Problem“ in der gemeinsamen Zusammenarbeit zu lösen, ist es dienlich sich aufrichtig zu zeigen. Aufrichtig über Herausforderungen und Probleme zu sprechen, erhöht die Chance neue (gemeinsame) Möglichkeiten und Lösungswege zu finden.
  • Veränderungsbereitschaft: Das Team darf bereit für Veränderungen und Verbesserungen in Bezug auf die gemeinsame Arbeitsweise und die Beziehungen innerhalb des Teams sein. Sollte diese Veränderungsbereitschaft aufgrund von z.B. tiefsitzenden Konflikten oder negativer Erfahrungen einzelner Teammitglieder nicht der Fall sein, werden in der Teamentwicklung die guten Gründe für die vorhandene Blockade oder Starre, also für den Erhalt des Status Quo, erforscht. In einer Teamentwicklung darf „alles da sein, gezeigt und gesagt werden“, dies ist die Basis für Bewegung für freiwillige Entwicklung.
  • Verantwortung: Die Verantwortung für den Status Quo der Zusammenarbeit liegt aus systemischer Sicht bei allen Teammitgliedern zu gleichen Teilen. Somit ist auch stets die Verantwortung gleichmäßig verteilt. Es ist wichtig für jede/n Einzelne/n des Teams den eigenen Verantwortungsanteil zu erkennen und zu verstehen.
  • Lernbereitschaft: Das Team darf bereit sein gemeinsam etwas neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln, um die Ziele der Teamentwicklung zu erreichen. Dies kann natürlich nur geschehen, wenn genügend Entspannung, Vertrauen und Motivation im System ist.

Wie kann sich ein Team auf eine Teamentwicklung vorbereiten?

Es kann ein Vorteil sein, wenn sich Teams auf den Entwicklungsprozess vorbereiten, es kann aber auch ein Nachteil sein. Die Verantwortung hierfür liegt bei der Führung und dem Team gleichermaßen. Bei Unsicherheit bitte an das Beratersystem weden. Folgende Schritte könnten im Vorfeld angegangen werden:

Wenn möglich, kann sich das Team im Vorfeld über gemeinsame Herausforderungen und Ziele der Teamentwicklung austauschen.

Sicherzustellen ist, dass alle Teammitglieder über die geplante Teamentwicklung informiert sind, um sich individuell darauf vorbereiten zu können.

Wenn möglich bzw. vorhanden kann das Team Daten z.B. über aktuelle Leistungsstände bzw. Zielzustände sammeln. Bei diesem Punkt empfehlen wir allerdings sich im Vorfeld hierzu mit dem Beratersystem auszutauschen, da dieser Punkt natürlich den Erfolgsdruck der Maßnahme beeinflussen kann und damit hinderlich für die gewünschte Entwicklung sein könnte.

Das Team sollte sich darauf einstellen im Teamentwicklungsprozess Feedback zu geben und zu empfangen.

Das Team sollte sicherstellen, dass die Führungskräfte des Unternehmens in die Vorbereitungen einbezogen werden, um die Unterstützung zu sichern und die Umsetzung der Veränderungen zu erleichtern.

Wie lange dauert eine Teamentwicklung?

Die Dauer einer Teamentwicklung variiert je nachdem welche Ziele das Team hat und welche Probleme es angehen will. Eine Teamentwicklung kann von ein paar Stunden bis zu mehren Tagen dauern. Denkbar ist es ebenfalls im Laufe z.B. eines Jahres mehrere Teamentwickungs-Einheiten zu verteilen.

Ein eintägiges Teamcoaching kann dazu beitragen, bestimmte Probleme oder Herausforderungen im Team anzugehen, während eine längerfristige Teamentwicklung in der Regel eine umfassendere Veränderung des Teamverhaltens und der Teamdynamik anstrebt.

Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass eine Teamentwicklung nicht in ein paar Stunden abgeschlossen sein kann, sondern ein Prozess ist, der Zeit und Afmerksamkeit aller im System bündelt.

Unterschied zwischen Teamcoaching und Teamentwicklung

Der Unterschied zwischen Teamcoaching und Teamentwicklung liegt aus unserer Sicht hauptsächlich in der Dauer des Begleitungsprozesses. Es ist wichtig zu betonen, dass die Unterschiede zwischen Teamcoaching und Teamentwicklung nicht immer klar abzugrenzen sind.

Ein Teamcoaching zielt eher darauf ab, Teams dabei zu unterstützen, die bestehenden Fähigkeiten und Ressourcen leichter zu nutzen, um die Ziele und Erwartungen der Steakholder zu erreichen. Das Teamcoaching konzentriert sich auf die Verbesserung der Teamleistung und die Zusammenarbeit innerhalb des Teams.

Die Teamentwicklung hingegen, hat einen stärkeren Fokus auf die langfristige Entwicklung des Teams, indem es sich mit der Identifikation und dem mittelfristigen Aufbau von Fähigkeiten und der intensiveren Bedienung von Ressourcen beschäftigt. Oberstes Ziel ist es die Qualität der Dienstleistung oder des Produktes zu verbessern und gleichzeitig die Zufriedenheit innerhalb des Team zu erhöhen.

Haltung des Beratersystems/ Coaches

Aus unsrer Sicht braucht ein/e gute/r Coach*in im Begleitprozess vielfältige Skills und Erfahrungswerte. Diese möchten wir hier kurz skizzieren und haben sicherlich nicht alle erwähnt:

  • Offenheit und Neugier: Offenheit und Neugier hilft empfänglich für die Perspektiven und Bedürfnisse des Teams zu sein. Diese Haltung ist dienlich um die Informationsdichte im Beratersystem zu erhöhen.
  • Empathie: Ein/e Coach*in sollte in der Lage sein, sich in die Lage einzelner Teammitglieder hinein zuversetzen. Spür- und Berührbarkeit sind wichtige Voraussetzungen, um Dynamiken innerhalb des Teams zu erleben, zu erkennen um diese dann wieder in das Team zurückzugeben.
  • Allparteilichkeit: Allparteilichkeit kann man gut mit dem Begriff „unparteiisch“ übersetzen. Für Allparteilichkeit ist Unabhängigkeit des Beratersystem vom Kundensystem/ Team die Basis. Diese Unabhängigkeit ermöglicht es allen Teammitgliedern und dem Team gegenüber mit dem gleichen Maß an Liebe, Humor, Strenge, Gelassenheit… aufrichtig und eben allparteilich gegenüberzustehen.
  • Professionalität: Das Beratersystem hat sich zu bemühen, die Werte des Teams zu verstehen und zu akzeptieren (Neutralität). Wenn die Werte des Teams aus Sicht des Beratersystems untragbar sind, ist die Beratung zu beenden. Professionelles Verhalten impliziert sich an bestehende ethische Standards und Regeln zu halten.
  • Resilienz: Die Widerstandsfähigkeit ist eine wichtige Voraussetzung, um sich in hochkomplexen Teamprozessen zu bewegen und auch gegenüber Gegenwind und Druck zu bestehen, um flexibel und lösungsorientiert bleiben zu können.
  • Fähigkeit zur Reflexion: Reflexion ist elementarer Bestandteil der erfolgreichen Arbeit eines Coaches. Coaches/Teamentwickler*innen sollten in der Lage sein, sich selbst, das Verhalten einzelner Teammitglieder, des Teams und eigene Arbeit zu reflektieren und das auch in Echtzeit (Echtzeitkompetenz). Das Beratersystem selbst muss ein stabiles System sein.
  • Kommunikation: Als Beratersystem hat man darauf zu achten, nicht Personen, sondern die hinter den Personen wirkende Kommunikationsstruktur des Teams erkennen zu wollen.
  • Fähigkeit zur klaren und weichen Sprache: Klarheit und Sanftheit in der Sprache, die Variation von Stimmhöhe und Geschwindigkeit sind wichtig, um je nach Kontext mitzuschwingen bzw. gegenzuschwingen, um die Anschlussfähigkeit (Qualität des Kontaktes) der Intervention zu erhöhen bzw. massiv zu irritieren. Interventionen zur Irritation und zur Verbundenheit sind in Teamentwicklungsprozessen gleichwichtig. Zwischen Beratersystem und Team ist stets eine klare Grenze zu wahren.
  • Konfliktverständnis: Konflikte sind immer da und dennoch manchmal unsichtbar. Die Bedeutsamkeit von kalten und heißen Konflikten in Entwicklungsprozessen sind riesig. Ohne Einlassen auf Konflikte, kein Wachstum. Um Teams zu begleiten ist es wichtig, dass das Beratersystem spezifische Konfliktdynamiken kennt und weiß wie diese im Verlauf des Prozesses anzusprechen sind. Ein gesunde Portion an Selbsterfahrung ist unerlässlich.

Phasen in der Systemischen Teamentwicklung

Aus Sicht des Beratungssystems: Bewusste und unbewusste Interventionen in Teamentwicklungsprozessen aus Sicht des Beratersystems lassen sich wie folgt skizzieren (in Anlehnung an Skizzen von Ingo Wölfl/ SYSCOACH):

  • Interventionen sind nur Impulse, aus denen das Team das macht, was es machen kann. Die Einflussmöglichkeit des Beratersystems ist begrenzt. 
  • Coaches können nur den Widerspruch in Bezug auf „Verändern und Bewahren“ öffnen. Das Team trifft die Entscheidung, wie es damit umgehen möchte, selbst.
  • Alles hat eine Funktion in Relation zum Sinn, es ist hilfreich, nach dem Guten im Schlechten und dem Schlechten im Guten zu fragen.
  • Die Definition von Funktionalität und Dysfunktionalität ist Sache des Teams.
  • Für den Coach, bzw. das Beratersystem geht es um das permanente Durchlaufen folgender Reflexionsschleife:
Systemische Schleife

Vor der Intervention sind Hypothesen über die Situation zu bilden und ist die beabsichtigte Wirkung der Intervention zu planen. Gleichzeitig gilt es aber, nicht der Illusion zu verfallen, dass die erwünschte Wirkung eintreten wird. Dieser skizzierte Prozess wiederholt sich ständig im Laufe einer systemischen Teamentwicklung:

Prozess der systemischen Prozessschleife

Phasen-Modell oder auch Teamuhr nach Bruce Tuckmann

Ein häufig verwendetes Modell, um Phasen in Teamentwicklungen zu beschreiben ist das sogenannte „Tuckman-Modell“. Tuckmann (1965) erarbeitete für den Prozess einer Gruppenbildung vier Hauptphasen:

  1. Formierungsphase – forming: Zu den Hauptproblemen der Teamarbeit, ganz besonders bei einem neu zusammengetretenen Team, gehört die innere Unsicherheit, die die Gruppenmitglieder hemmt, aktiv zu werden. Ursachen dieser Unsicherheit sind häufig das Problem der Machtverteilung und das Problem der Vertraulichkeit zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern. In der Regel wird zunächst die „Macht-Frage“ und danach das „Vertraulichkeits“-Problem gelöst. Alle Gruppenmitglieder prüfen die gemeinsame Situation. Sie entdecken, testen und bewerten die gegenseitigen Verhaltensweisen. Die Führungskraft wird kritisch beobachtet.
  2. Konfliktphase – storming: Es entstehen Konflikte zwischen Untergruppen; „Machtkämpfe“ werden ausgetragen, Polarisierung der Meinungen. Die Fähigkeiten der Führungskraft werden ausgetestet.
  3. Die Normierungsphase – norming: Die Widerstände werden überwunden, die Konflikte beigelegt. Es entwickelt sich ein Gruppengefühl („Wir“-Gefühl), das gegenseitige Akzeptanz fördert. Ein offener Austausch von Ansichten ist möglich, kooperative Verhaltensweisen entwickeln sich.
  4. Die Arbeitsphase – performing: Die interpersonalen Probleme sind gelöst: Die aufgebaute Gruppenstruktur steht im Dienst der Aufgabenaktivität. Es werden konstruktive Anstrengungen sichtbar, alle Energie ist jetzt für effektive Arbeit verfügbar. Dies ist die Hauptarbeitsperiode. Im betrieblichen Alltag ist ein relativ fester Zusammenhalt, eine hohe Kohäsion der Gruppe wünschenswert.
  5. Die Beendigungsphase: – Ending: 
Dieses Modell kann man im Blick z.B. auf Projektteams erweitern um eine explizite Beendigungsphase
Teamuhr nach Bruce Tuckmann

Uns ist wichtig an der Stelle zu erwähnen, dass dieses Modell versucht die nicht vollends verstehbaren Prozesse menschlichen Zusammenarbeitens zu erfassen. Dies ist jedoch nur ein Versuch und darf nicht als „Wahrheit“ verstanden werden, sondern eben nur als Versuch Komplexität zu reduzieren!

Unser Angebot Systemische Teamentwicklung

Wenn Sie mehr über uns und unser konkretes Vorgehen bei  systemischen Teamentwicklungsprozessen erfahren wollen oder auf der Suche nach einem/r kompetenten Prozessbegleiter*in sind, sprechen Sie uns gern einfach an. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt!

Häufig gestellte Fragen zur Teamentwicklung (FAQs)

Teamentwicklung ist ein begleiteter Prozess, der darauf abzielt, die Zusammenarbeit, Kommunikation und Effektivität eines Teams zu verbessern. Die typischen Ziele umfassen das Lösen von Problemen innerhalb des Teams, die Klärung von Zielen und Erwartungen, die Förderung offener und aufrichtiger Kommunikation, den Aufbau von Vertrauen, die Etablierung einer Feedbackkultur, die Steigerung der Verantwortungsübernahme und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Zusammenarbeit. Letztendlich soll die Qualität der Ergebnisse und die Zufriedenheit der Teammitglieder gesteigert werden.

Die Führungskraft spielt eine entscheidende Rolle, indem sie idealerweise im Vorfeld Ziele und Erwartungen mit dem Team bespricht und mit gutem Beispiel vorangeht, insbesondere in Bezug auf Offenheit und Mut zur Kommunikation. Die Teammitglieder sind aktiv in den Prozess eingebunden, indem sie ihre Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse teilen, Feedback geben und empfangen sowie Verantwortung für den Status Quo der Zusammenarbeit übernehmen. Eine erfolgreiche Teamentwicklung erfordert das Engagement und die Bereitschaft zur Veränderung von allen Beteiligten.

Der Hauptunterschied liegt primär in der Dauer und dem Fokus des Begleitungsprozesses. Teamcoaching ist tendenziell kürzer und zielt darauf ab, bestehende Fähigkeiten und Ressourcen im Team besser zu nutzen, um aktuelle Ziele zu erreichen und die Zusammenarbeit zu verbessern. Teamentwicklung hingegen ist oft ein längerfristiger Prozess mit einem stärkeren Fokus auf die grundlegende Entwicklung des Teams, den Aufbau neuer Fähigkeiten und die intensivere Nutzung von Ressourcen, mit dem Ziel, sowohl die Leistung als auch die Zufriedenheit im Team nachhaltig zu steigern. Die Grenzen sind jedoch nicht immer scharf.

Eine gute Vorbereitung kann hilfreich sein, ist aber nicht zwingend erforderlich. Idealerweise tauscht sich das Team über gemeinsame Herausforderungen und Ziele aus. Alle Teammitglieder sollten über die geplante Teamentwicklung informiert sein, um sich darauf einzustellen. Falls relevant, können Daten zum Leistungs- oder Zielstand gesammelt werden, wobei hier eine vorherige Absprache mit dem begleitenden Beratersystem empfehlenswert ist, um unnötigen Erfolgsdruck zu vermeiden. Wichtig ist auch die Bereitschaft, Feedback zu geben und zu empfangen, sowie die Einbeziehung der Führungskräfte zur Sicherstellung von Unterstützung und Umsetzung.

Die Dauer einer Teamentwicklung ist sehr variabel und hängt von den Zielen des Teams und den anzugehenden Problemen ab. Sie kann von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen umfassen, oder auch über einen längeren Zeitraum mit mehreren Einzelterminen verteilt sein. Kurzfristige Formate können für spezifische Herausforderungen nützlich sein, während langfristige Prozesse auf eine umfassendere Veränderung der Teamdynamik abzielen. Teamentwicklung wird als ein Prozess verstanden, der Zeit und Aufmerksamkeit erfordert.

Offenheit und Mut zu transparenter Kommunikation sind entscheidend, damit Teammitglieder ihre Gedanken und Bedürfnisse äußern und Probleme ansprechen können. Vertrauen entwickelt sich im gemeinsamen Reflexionsprozess durch neue Informationen und reduzierte Unsicherheit und ist ein wichtiger Bestandteil für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Feedback ermöglicht es dem Team, den Status Quo zu reflektieren, auf Entwicklungen zu reagieren und sowohl individuelle als auch kollektive Fähigkeiten zu verbessern. Diese drei Elemente sind essenziell für die Weiterentwicklung des Teams.

Aus systemischer Sicht ist es wichtig zu verstehen, dass Teams ihre Probleme selbst erschaffen und auch wieder lösen können. Der Fokus liegt auf den Beziehungen und Kommunikationsstrukturen im Team. Interventionen des Beratersystems sind Impulse, auf die das Team reagiert. Ein wichtiges Phasenmodell ist das von Tuckman (Forming, Storming, Norming, Performing, Ending), welches die typischen Entwicklungsstufen eines Teams beschreibt, aber nicht als absolute Wahrheit, sondern als Orientierungshilfe zu verstehen ist. Kontinuität und die Fähigkeit des Teams zur Selbstreflexion auch nach der externen Begleitung sind entscheidend für nachhaltigen Erfolg.

Ein guter Coach oder ein professionelles Beratersystem sollte über Offenheit, Neugier, Empathie und Allparteilichkeit verfügen. Professionalität beinhaltet die Achtung der Teamwerte und die Einhaltung ethischer Standards. Resilienz ist wichtig, um auch in komplexen Situationen handlungsfähig zu bleiben. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Reflexion des Teams ist elementar. Kommunikationsstärke, sowohl klar als auch einfühlsam, sowie ein ausgeprägtes Konfliktverständnis und idealerweise Selbsterfahrung im Umgang mit Konflikten sind unerlässlich, um Teams wirksam zu begleiten.

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen

Im systemischen Denken betrachten wir Probleme nicht als isolierte Störungen, die es schnell zu beheben gilt, sondern als aufkommende Phänomene – manchmal sogar als funktionale Dynamiken im Zusammenspiel unterschiedlicher Entscheidungen innerhalb eines sozialen Systems.

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen legt offen: Ein Problem ist selten das Werk Einzelner, sondern entsteht im Geflecht von Beziehungen, Kommunikationsdynamiken und vorangegangenen Lösungsentscheidungen – also im kollektiven Zusammenspiel eines sozialen Systems entstehen Probleme und gleichzeitig Lösungen.

Statt vorschnell Ursachen oder Schuldige zu suchen, lenkt dieser Blick die Aufmerksamkeit auf die Wechselwirkungen:

  • Wer oder was stabilisiert das Problem in unserem System?
  • Welche Funktion erfüllt das Problem?
  • Was wäre der Gewinn – und was der Preis, wenn es plötzlich verschwände?
  • Wer profitiert vom spannungsreichen Status quo?

Diese Fragen machen sichtbar: Probleme sind nicht per se schlecht. Oft sichern sie Stabilität, Zugehörigkeit oder Orientierung – auch wenn das mitunter teuer erkauft ist.

Lösungen neu denken: Vom Symptom zur Entwicklungschance

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen bedeutet auch, vorsichtig bzw. behutsam mit schnellen Lösungsideen umzugehen. Denn jede neue Lösung verändert das System – sowohl zum „Postiven als auch zum Negativen“. Sie bringt neue Dynamiken – inklusive Unsicherheiten und nicht voraussehbaren Nebenwirkungen. Deshalb geht es nicht darum, die „richtige Lösung“ zu finden, sondern darum, gemeinsam tragfähige Entwicklungsrichtungen zu gestalten und festzulegen:

  • Welche Bewegungen im System wollen wir fördern?
  • Welche Nebenwirkungen könnten auftreten?
  • Was können wir in Kauf nehmen?
  • Wo braucht es zunächst mehr Verstehen, bevor neues Handeln möglich wird?

Aus systemischer Sicht entstehen anschlussfähige Lösungen nicht ausschließlich durch Entscheidungen Einzelner – sondern im gemeinsamen Dialog. Es ist ein bewusstes Tasten nach neuen Möglichkeiten, wohlwissend, dass jede Lösung wiederum ihren Preis haben wird.

Haltung: Demut gegenüber Komplexität

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen erfordert eine besondere Haltung: Neugier statt Eindeutigkeit. Fragen statt schneller Antworten. Und die Bereitschaft, nicht alles sofort verändern zu müssen – geschweige denn zu können.
Probleme werden so zu Einladungen, das eigene System tiefer zu verstehen – und Entwicklung als etwas zu begreifen, das nicht gemacht, sondern nur angestoßen werden kann.

Fazit

Der systemische Blick öffnet neue Räume: Für Verstehen. Für Verbindung. Für Lösungen, die tragen. Wer ihn einnimmt, versteht, dass das Lösen von Problemen immer auch Lösungsprobleme (vgl. Matthiesen / Muster / Laudenbach, 2022, S. 109 ff.) hervorruft. Das Wechselspiel zwischen Lösung und Problem ist ein fortschreitender Prozess – Ausgang ungewiss.

Sie möchten den systemischen Blick in Ihrem Alltag stärken?

Ob als Führungskraft, Berater*in oder Geschäftsführer*in: Das bewusste Arbeiten mit und an Mustern, Dynamiken und Wechselwirkungen verändert, wie wir Probleme und Lösungen verstehen – und wie wir darüberhinaus wirksam gestalten.
In all unseren Formaten unterstützen wir Sie dabei, Ihre Wahrnehmung zu schärfen, Hypothesen zu entwickeln und Entwicklungsprozesse klug zu begleiten. Wenn Sie neugierig geworden sind, lassen Sie uns gern ins Gespräch kommen. Nehmen Sie hier Kontakt zu uns auf oder schreiben Sie uns eine E-Mail an: info@dasperspektivenwerk.de

 

Literaturverweise in diesem Artikel:
Matthiesen, K. / Muster, J. / Laudenbach, P. (2022): Die Humanisierung der Organisation, Vahlen Franz GmbH

Future-Skills: Entwicklungsfelder von Selbstführung und Zusammenarbeit

Die Welt ist im Umbruch, soweit nichts Neues!
Digitalisieruns- und Transformationsprozesse schreiten voran, der Mensch läuft immer häufiger hinterher. Seit Menschengedenken folgt auf jede einschlägige technische Veränderung auch eine soziale Veränderung. Dieser Fakt führt aktuell zu vielen unterschiedlichen Herausforderung und Spannungen in sozialen Systemen. Natürlich auch in der Arbeitswelt. Dieser Blog-Beitrag widmet sich Entwicklunsgfeldern von Führung, Selbstführung und Zusammenarbeit.
Wir wünschen Freude und Inspiration beim Schmökern!

Entwicklungsfeld: Selbstführung

Wikipedia bschreibt den Begriff Selbstführung als die Kompetenz, die eigene persönliche und berufliche Entwicklung weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen zu gestalten. Dazu gehören Teilkompetenzen wie zum Beispiel intrinsiche Motivation, Zielsetzung, Planung, Zeitmanagement, Organisation und Lernfähigkeit.

Für uns gehören folgenden Kompetenzen dazu:

Agilität und Anpassungsfähigkeit

Agilität und Anpasungsfähigkeit beschreiben die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren, flexibel und proaktiv zu intervenieren.

Warum Agilität und Anpassungsfähigkeit unserer Meinung nach zu wichtigen Entwicklungsfelder von Selbstführung und Zusammenarbeit zählen, ist, da sie dazu beitragen Menschen und soziale Systeme wie Führungssysteme und Organisationen dauerhaft nachhaltiger und widerstandsfähiger zu machen und sicherstellen, dass sie auch in Zukunft erfolgreich bleiben.

Kontextkompetenz

Kontextkompetenz ist die Fähigkeit, die Umstände, in denen man agiert, zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Dies umfasst sowohl die Kenntnis der unmittelbaren Umwelt, in der man sich befindet, als auch die Kenntnis der historischen, kulturellen, sozialen und politischen Zusammenhänge.

Kontextkompetenz ist eine Schlüsselkompetenz, um in diesen Zeiten Ruhe zu bewahren. Sich den eigenen Ressourcen zu bedienen und Chancen in Komplexität und Dynamik zu erkennen. Kontextkompetenz ist außerdem die Fähigkeit Zusammenhänge herzustellen, Kontexte miteinader zu verknüpfen und wieder loszulassen. Wer es schafft sich Zusammenhänge zu erschließen und diese mit anderen teilt, kommt auf neue Ideen. Kontextkompetenz entsteht in der Wechselwirkung zwischen Fokussierung und Weite. Dies ist der Motor für Innovation, anschlussfähige Antworten und dauerhafte Weiterentwicklung.

Ins Gelingen verliebt sein

Was entsteht in uns und um uns herum, wenn „es“ uns wirklich, wirklich gelingt!? Von Gefühlen wie Stolz bis Freude, über Verbundenheit, Resilienz hin zu diversen Glückshormonausschüttungen. Wenn wir es schaffen uns in diese eigene Resonanz zu verlieben… Dann können wir lernen diesen „Spirit“, diese angenehm leichte Energie als eigenes, neues Narrativ in unsere Selbststeuerung zu integrieren. Ja, ein Prozess… der auch andere inspiriert sich ins Gelingen zu verlieben, um gemeinsam neue Geschichten zu erfinden bzw. zu schreiben.

Serendipidät

Serendipidät beschreibt den Prozess des „Finden ohne zu suchen“. Serendipität bezieht sich auf das Zufallsglück, das entsteht, wenn man etwas entdeckt, das man nicht gezielt gesucht hat. Es kann auch als die Fähigkeit beschrieben werden, glückliche Entdeckungen zu machen, indem man aufmerksam und offen für Neues ist.
Innovative Entwicklungsprozesse entstehen also, wenn wir nicht ausschließlich nach ihnen suchen, sondern eine Haltung von Offenheit kultivieren. Dies gilt für Einzelpersonen als auch für Teams gleichermaßen. Voraussetzung für Serendipität, ist die Fähigkeit Lösungslosikeit auszuhalten, Muße und Freiwilligkeit zu leben.

Teams können lernen Serendipität zu nutzen, indem sie die offene Kommunikation und den Austausch von Ideen fördern. Dies kann dazu beitragen, dass die Mitglieder des Teams aufmerksam und offen für neue Möglichkeiten bleiben, was dazu führen kann, dass sie glückliche Entdeckungen machen.

Lernfähigkeit

Lernfähigkeit hängt eng mit Agilität und Anpasungsfähigkeit zusammen. Es ist eine wichtige Eigenschaft, die es einer Person ermöglicht, sich ständig weiterzuentwickeln und ihre Kompetenzen zu verbessern bzw. zu erweitern.

In Organisationen spielt Lernfähigkeit eine wichtige Rolle bei der Förderung von Innovation und Nachhaltigkeit. Eine lernfähige Organisation bezieht Feedback ein und nutzt Fehler als Chance zur Verbesserung. Insgesamt trägt Lernfähigkeit dazu bei, dass Menschen und Organisationen das vorhandene Potenzial leichter ausschöpfen können.

Resilienz

Resilienz beschreibt den Prozess die Fähigkeiten eines Menschen bzw. eines sozialen Systems herausfordernde Situationen zu bewältigen, sich schnell von Rückschlägen zu erholen und widerstandsfähig gegenüber Herausforderungen und Veränderungen zu bleiben. Jeder Mensch und jedes soziale System hat resiliente Anteile, sonst wäre er oder es nicht lebensfähig.

Entwicklungsfeld: Zusammenarbeit

Wikipedia setzt die Zusammenarbeit mit Kooperation (lateinisch cooperatio ‚Zusammenwirkung‘, ‚Mitwirkung‘) gleich. Kooperation ist das zweckgerichtete Zusammenwirken zweier oder mehrerer Lebewesen, Personen oder Systeme mit gemeinsamen Zielen. Ist die wechselseitige Einwirkung der Akteure nicht intentional oder zweckgerichtet, spricht man hingegen von Interaktion. Kooperation und Interaktion sind wesentliche Merkmale menschlicher Arbeit in sozialen Systemen.

Damit Koopertation gelingt:

Empathie und emotionale Intelligenz

Empathie und emotionale Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, die Gefühle und Bedürfnisse anderer besser zu verstehen und auf sie angemessen zu reagieren, um Beziehungen aufzubauen, zu stärken und in einem lernfähigen Kontakt untereinander zu bleiben.

Verbindende Autorität

Die Verbindende Autorität ist eine Fähigkeit und (Kraft-)Feld, welches aus der Beziehungsgestaltung von mindestens zwei Personen emergiert. Autoritäre und anti-autoritäre Beziehungsgestaltungen sind hiervon ausdrücklich ausgeschlossen!
Lernen Führungskräfte ihr eigenes Ego zurückzunehmen und sich mit der verbindenden Autorität zu connecten, entsteht eine Feldwirkung in der eigenen Umgebung und im Team, in der die vernetzte Autonomie möglich wird. Die Haltung „ich im Wir“ entsteht und schafft dadurch Raum für etwas ganz Neues.

Führen und Führen lassen

Zeitgemäße Führung bedeutet, dass wir verstehen und lernen, dass nicht nur die legitimierte Führungskraft in Führung geht, sondern jeder von uns gleichermaßen führt und sich führen lässt. Und das jeden Tag!
Diejenigen Organsiationen und Teams werden mit zukünftigen Dynamiken und Unübersichtlichkeiten leichter zurechtkommen, die lernen Verantwortungen zu gleichen Teilen in Teams, Gruppen oder Kreisen zu organisieren. Führungskräfte sind dadurch nicht obsolet, sondern werden dauerhaft entlastet.

Kommunikation auf Augenhöhe

Der Empfänger entscheidet über die Botschaft des Senders, nicht umgekehrt!
Wir dürfen lernen uns regelmäßig Raum und Zeit zu geben, um über uns und unsere Art und Weise der gegenseitigen Verständigung auszutauschen. Kommunikation auf Augenhöhe setzt eine gleichwertige Haltung voraus! Echtes Verständnis füreinander kann die Folge sein, um zukünftige Missverständnisse, die es immer wieder geben wird, leichter aufzudecken und nicht in den Irrwindungen des eigenen Bewertens zu versinken und Vorurteilen entgegenzuwirken.

Weitere Future-Skills bzw. Entwicklungsfelder von Selbstführung und Zusammenarbeit sind:

Entwicklung von digitalem Know-How: Die Fähigkeit, digitales Know-how in die tägliche Arbeit einzubringen und die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen.

Kreativität und Innovation: Die Fähigkeit, neue Ideen zu entwickeln und Probleme auf ungewöhnliche Weise anzugehen.

Führung virtueller/ hybrider Teams: Die Fähigkeit ein Team zu führen das nicht an einem Ort arbeitet und das man nicht jeden Tag sieht oder trifft.

Globale Perspektive: Die Fähigkeit die Auswirkungen von Entscheidungen auf die globale Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen und bei organisationalen Entscheidungen zu berücksichtigen.

Gruppendynamik - Offenlegen, was immer da ist?

Sie ist immer da – immer da, wo ein soziales System von mindestens drei Personen zusammentrifft. Viele spüren sie, sie ist aber nicht vollends nachvollziehbar, sie bereitet einigen Bauchweh und einigen zaubert sie ein Lächeln ins Gesicht. Oft wird sie nicht berücksichtigt und in Organisationen wird der Einfluss maßgeblich unterschätzt. Die Gruppendynamik – mystisch, verkannt, unangenehm, real? Wir laden Sie ein auf eine kurze Reise in die Gruppendynamik.

Die Wurzeln der Gruppendynamik und des gruppendynamischen Trainings

Kurt Lewin war der erste Wissenschaftler, der das Feld der Gruppendynamik erkannt hat und in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts erforscht hat. Hierbei bemerkten er und sein Team am MIT in Boston, dass Gruppen mit Hilfe der Metakommunikation, also der bewussten Kommunikation innerhalb der Gruppe im „Hier und Jetzt“, die Fähigkeit entwickeln, störende Selbstblockaden wieder aufzulösen, schwelende Konflikte zu bereinigen, stabile Machtasymmetrien zu relativieren und Vorurteile zu verflüssigen (vgl. Wimmer „Das besondere Lernpotential der gruppendynamischen Trainingsgruppe“). Diese und weitere Erkenntnisse wurden zur Grundlage für das heutige Format des „Gruppendynamischen Trainings“. In diesem Format bilden Menschen, untereinander völlig unbekannt, aus unterschiedlichen Kontexten zusammen eine neue Gruppe für die Zeit von fünf bis sechs Tagen. Es gibt für die Zeit keine Agenda oder inhaltliche Vorgaben, Ziel ist es, die Gruppendynamik neu zu erkennen und zu versuchen, Metakommunikation zu üben. Die Gruppe wird in dieser Zeit bestenfalls von zwei Trainer*innen begleitet. Die individuell gemachten Erfahrungen können sehr ergiebig sein und den eigenen Blick auf Gruppen und Teams maßgeblich verändern.

Das gruppendynamische Feld

Das gruppendynamische Feld beschreibt drei Richtungen in sozialen Systemen:

  1. Einfluss: Wer ist oben, wer unten?
  2. Zugehörigkeit: Wer ist drinnen und wer draußen?
  3. Verbundenheit/ Intimität: Wer ist sich nah, wer fern?

Soziale Systeme, also menschliche Gruppen orientieren sich immer nach diesen drei Richtungen – und das oftmals unbewusst.
Das gruppendynamische Feld ist entstanden, als Menschen sich das erste Mal in Gruppen zusammengefunden haben. So wurde Komplexität z.B. durch Arbeitsteilung und soziale Regeln reduziert und die Sicherheit jedes Einzelnen durch den Schutz der Gruppe erhöht.
Da jeder Mensch subjektiv eine völlig individuelle und teilweise ambivalente Bedürfnisstruktur innehat – z.B. Eigenständigkeit vs. Zugehörigkeit, Nähe vs. Distanz, Aktivierung vs. Entspannung,… kommt es unweigerlich zu Differenzen und Spannungen innerhalb von sozialen Gruppen. Es ist ein Irrglaube, dass soziale Gruppen ohne Spannungen und Irritationen zusammenleben könnten. Die entscheidende Frage lautet an dieser Stelle: Wie will die Gruppe hiermit umgehen? Transparente, gelebte und integrierte Unterschiedlichkeit ist extrem kreativ und dynamisierend.

Wie und wofür könnte das Offenlegen gruppendynamischer Prozesse nutzbar gemacht werden?

Krisen, Konflikte und Zeiten von Orientierungslosigkeit werden in Teams und Organisationen in der Regel als hemmend und störend wahrgenommen. Oftmals werden Beschleunigungstendenzen als Antwort sichtbar. Möglichst „schnell raus aus der Krise“ lautet das Credo.
Die Gegenbewegung, sprich: die Verlangsamung, wäre hingegen oftmals die sinnstiftendere Alternative. Denn Krisen und Konflikte sind notwendig Abschnitte eines Entwicklungsprozesses in sozialen Systemen. Es ist ein Irrglaube, dass je homogener die Gruppe ist, desto erfolgreicher ist sie. Nein, gerade die Diversität von Gruppen ist das „Sahnestück“ in erfolgreichen Entwicklungsprozessen.

Ein transparenter Gruppenprozess (z.B. Teamentwicklung) führt nicht nur zu einem verstärkten Zusammenhalt der Gruppenmitglieder untereinander, sondern auch zu einer sichtbareren Differenzierung. Unterschiedlichkeiten können eher zugelassen werden, ebenso wie Spannungen und unterschiedliche Meinungen. (vgl. Oliver König, Karl Schattenhofer)

STRESSVERSTÄRKER: PERFEKTIONISMUS – DA GEHT NOCH MEHR!

Da ist noch was drin! Noch ein bisschen Potential zur Selbstoptimierung. Es immer ein wenig besser machen. Das Ende noch etwas hinaus zögern, um am Ergebnis weiter zu feilen…
Der Zeiger der Uhr rückt Stunde um Stunde weiter und der Berg an Arbeit wird einfach gefühlt nicht weniger. Kennen Sie das?
Das berühmte selbstgebaute Hamsterrad, betrieben durch das eigene unentwegte Laufen.

PERFEKTIONISMUS IST EIN STRESSVERSTÄRKER.

Menschen, die sich selbst und ihre Leistung nie als genug empfinden, mutieren regelrecht zu Workaholics. Das geht selbstverständlich auch ohne Karriere. Perfektionismus kann man in sämtlichen Lebensbereichen finden. In der Kindererziehung, im Studium, bei der Freizeitgestaltung, im Haushalt, usw. Je mehr Lebensbereiche dabei betroffen sind, desto stärker wirkt sich die Belastung aus.
Dabei fühlen sich die meisten perfektionistischen Menschen gar nicht selbst dazu in der Lage, ihren Zustand zu ändern. Schließlich sind die anstehenden Aufgaben ja da, und ordentlich gemacht soll es schließlich auch werden. Genau da liegt jedoch der Ursprung dieses Dilemmas.

ENG VERWANDT MIT DEM PERFEKTIONISMUS IST NÄMLICH DAS LEISTUNGSMOTIV!

Die Freude an der eigenen Leistungsfähigkeit, das Bestreben, etwas leisten und beitragen zu können, gebraucht zu werden, ein Fach zu beherrschen – das gehört zur gesunden psychischen Entwicklung des Menschen dazu. Ein überzogenes Leistungsmotiv jedoch lässt die Grenzen verschwimmen, an denen wir merken, wann es reicht.
Sicherlich, der Wäscheberg mag unbestreitbar groß sein – die Frage ist, wie viel Schmutz ein Kinder-T-Shirt tatsächlich vertragen kann und ob der Anspruch überhaupt gerechtfertigt ist, keinen Wäscheberg zu haben. Verlegen sie ihn doch einfach mal in den Keller.

Was steckt dahinter?

Warum ist eigentlich gut nicht gut genug? Wovor haben wir Angst, wenn wir perfektionistisch handeln? Misserfolg, Versagen oder eigene Fehler werden als stark selbstwertbedrohend wahrgenommen. Kommen perfektionistische Menschen also in Situationen, in denen eigenes Versagen möglich ist oder droht, geraten sie in Stress. Da die Fehlerquote jedoch nachgewiesenermaßen in langanhaltenden Stressphasen steigt, steigt wiederum die Angst vor dem Misserfolg. Der Mensch arbeitet nun noch gewissenhafter, die Stress- Spirale dreht sich immer weiter. Nach und nach führt dies zur Selbstüberforderung und schließlich zu Erschöpfung. Lesen Sie hierzu einen interessanten Beitrag aus der „Zeit“: Die Kunst des Scheiterns.

PERFEKTIONISMUS TEST

Haben auch Sie an sich selbst Symptome beobachtet, die auf eine perfektionistische Einstellung deuten könnten? Was verstärkt Ihren Stress? Machen Sie hier den Stresstest!

DAS PARETO-PRINZIP

Das bekannte Pareto-Prinzip lässt sich auf beinahe alles anwenden. 20 % unserer Zeit benötigen wir durchschnittlich, um 80 % der Leistung zu erbringen. Für den „letzten Schliff“, also die restlichen 20 % Ergebnisoptimierung, brauchen wir hingegen die restlichen 80 % unserer Zeit (und Kraft). In wie vielen Belangen reichen 80 % Leistung aus?
Eine weitere interessante Frage: Wer fordert eigentlich immer eine 100 % Ausführung? Bemerkt Ihr Vorgesetzter überhaupt, dass sie immer 100 % geben? Erstaunlicherweise reagiert die Umwelt auf eine niedrigere Leistung oft sogar zufrieden. Und wenn mal etwas nicht stimmt, dann muss man eben nochmal nachbessern. Meinen Sie nicht auch, dass man Ihnen kleine Fehler durchaus verzeihen würde? Probieren Sie es doch einfach mal aus!

PERFEKTIONISMUS ABLEGEN

Perfektionismus kann man auch wieder loswerden. Allerdings müssen Sie dabei nicht einfach alles über Bord werfen! Das Leistungsmotiv an sich hat sehr viele anregende Seiten, die für einen beruflichen und auch persönlichen Erfolg unabdingbar sind. Bei einem gesunden Umgang mit dem eigenen Perfektionismus geht es viel mehr darum, die angenehmen Seiten des Leistungsstrebens zu erhalten und die unangenehmen selbstüberfordernden Seiten des Perfektionismus möglichst zu verringern. Folgende Fragen können Ihnen dabei helfen, die Balance wieder zu finden:

  • Was ist das Förderlich an meinem Perfektionismus? Was spricht für ihn?
  • Was ist auf der anderen Seite hinderlich? Was spricht gegen die damit verbundenen Einstellungen und Verhaltensweisen?
  • Wie sieht der extreme Gegenpol zum Perfektionismus aus?
  • Wie könnte eine förderliche Einstellung lauten?

Konkret widmen wir uns auch in unserem digitalen Resilienz-Workshop der Themaik der eigenen Glaubenssätze. Im Einzelcoaching können wir intensiver und individueller einen konstruktiven Umgang mit dem eigenen Perfektionismus trainieren.

HILFREICHE GLAUBENSSÄTZE FINDEN

Folgende Gedanken oder Glaubenssätze sind förderlich, wenn Sie einen zu hohen Anspruch an sich selbst abbauen wollen:

  • Ich darf Fehler machen
  • Aus Fehlern lerne ich
  • Gut ist oft gut genug
  • Weniger ist mehr
  • So gut wie möglich, so gut wie nötig
  • Lass mal fünfe gerade sein
  • Ich gebe mein Bestes und achte auf mich
  • Ich unterscheide zwischen wichtig und unwichtig
  • Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.

Welche förderlichen Gedanken fallen Ihnen noch ein? Wählen Sie einen Spruch aus, der Ihnen zusagt, und hängen Sie ihn an Ihren Spiegel oder an den Bildschirm am Arbeitsplatz. Zur Verinnerlichung können Sie den Spruch auch kurz vor dem Einschlafen vor Ihrem geistigen Auge wiederholen oder in eine Entspannungsübung einbinden. Wichtig ist, dass Sie Ihrer negativen/ stressfördernden Glaubenssätze stets bewusst werden und diese durch förderliche Glaubensätze dauerhaft ersetzen. Das ist Arbeit, aber es lohnt sich!

WAS MACHEN SIE, WENN SIE „MEHR“ ZEIT ZUR VERFÜGUNG HABEN?

Stellen Sie sich vor, sie würden Ihre Arbeit viel schneller beenden können oder auch mal das ein oder andere liegen lassen – was würden Sie mit der freien Zeit, die sich daraus ergibt, tun? Ein gutes Buch lesen, in der Hängematte liegen, einen Spaziergang machen, Sport treiben, etwas Besonderes Kochen, Basteln, Bauen, entspannen… Können Sie sich diese Zeit überhaupt zugestehen und es genießen? Gerade als Ausgleich zum Leistungsstreben ist es wichtig auch mal „Fünfe gerade sein zu lassen

PERFEKTIONISMUS ALS GEISTESHALTUNG

Perfektionismus ist eine Geisteshaltung, die geändert werden kann. Fällt es Ihnen schwer, dann forschen Sie weiter, seien Sie neugierig! Woran liegt es, dass ich mich selbst nur dann als genügend empfinde, wenn ich mich extrem anstrenge? Kommt mir der Gedanke, die freie Zeit nicht verdient zu haben? Oft stehen Erfahrungen aus der Kindheit dahinter. Fühlen Sie sich unsicher in der Konfrontation damit, dann holen Sie sich einfach Hilfe.

Wünschen Sie weitere Informationen zum Thema Perfektionismus? Wir beraten Sie umfassend und individuell unter 089 – 209 691 89 oder schicken Sie uns Ihre Anfrage einfach per Mail. Einen Überblick über unser offenes Seminar- und Kursangebot finden Sie hier.

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SELBSTVERANTWORTUNG LERNEN – KLINGT GUT!

Niemand ist selbst gerne an etwas Schuld. Wie alle Dinge hat aber auch die Schuld ihre gute Seite: Schuld hat nämlich immer der Verantwortliche, der Verursacher, der die Macht hat, etwas zu verändern. Schieben wir den anderen oder den äußeren Umständen die Schuld in die Schuhe, geben wir gleichzeitig die Macht ab, unsere Situation selber gestalten zu können.
Was ist denn schuld daran, dass wir die Schuld meistens bei den anderen oder in den Umständen suchen?

 

Exkurs Psychologie: ATTRIBUTION

Aus der Sozialpsychologie wissen wir: Das Verhalten anderer Menschen führen wir oft auf ihre Persönlichkeit zurück. Unser eigenes Verhalten schreiben wir jedoch lieber den Situationen und Umständen zu, in denen wir stecken. Das führt dazu, dass es uns zum einen leichter fällt, unsere Mitmenschen zu bewerten und sie bestimmten Kategorien zuzuordnen (z.B. die vergessliche Verkäuferin, der rücksichtslose Autofahrer oder die ungerechte Lehrerin). Zum anderen schützt es vermeintlich uns selbst vor selbstwertbedrohlichen Persönlichkeitszuschreibungen. Wer bezeichnet sich beispielsweise schon selbst gerne als unzuverlässig? Dadurch begeben wir uns aber auch in die Abhängigkeit von Situationen und Umständen. „Ich war zu spät, weil der Bus pünktlich kam. Das macht der sonst nie!“ Hilfreich wäre hier die Frage: Wo ist MEIN Anteil an dieser Situation?

 

SELBST-VER-ANTWORT-UNG: GIB DIR SELBST DIE ANTWORT!

Selbstverantwortung lernen – bedeutet also, sich selbst Fragen zu stellen und diese auch ehrlich zu beantworten. Die Antwort, also das (noch) unbekannte Wissen, ist also schon in jedem Menschen selbst vorhanden. Wie schön! Wer Selbstverantwortung übernimmt, macht sich also auch unabhängig von „Antwortengebern“ aus dem Umfeld.

 

Mach’s wie Pippi Langstrumpf: Lebe lieber unbequem!

Es ist eben so schön einfach, sich selbst als Opfer der Umstände zu sehen. Selbstverantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen, bedeutet dagegen auch mehr Anstrengung. Es kann sich durchaus unkomfortabel anfühlen, die eigene Persönlichkeit oder den eigenen Lebenswandel in Frage zu stellen; denn eine Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen erfordert viel innere Stärke. Die Beschäftigung mit den eigenen Stärken und Schwächen führt aber am Ende zu mehr Selbstbewusstsein. Und das ist wiederum ungemein hilfreich dabei, das eigene Leben in die Hand zu nehmen.

 

Wenn du dein Leben in der Hand hast, ist fast alles möglich!

Auch wenn du an einer Situation manchmal nichts ändern kannst, so ist es letztlich deine eigene Entscheidung, ob du dich in diese Situation begibst oder nicht. Du hast immer eine Wahl!

LOVE IT – LEAVE IT OR CHANGE IT!

Liebst du das, was du tust? Wenn nein, kannst du es ändern? Wenn nein, dann lasse es ziehen. Niemand muss sein Leben in Lieblosigkeit verbringen, dafür ist es viel zu kostbar!

 

SELBSTVERANTWORTUNG FÜR DIE EIGENEN GEFÜHLE ÜBERNEHMEN

Selbstverantwortung bedeutet auch, sich für die eigenen Gefühle selbst verantwortlich zu fühlen. Ein gutes Training dafür ist die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) von Marshall Rosenberg. Gefühle leiten uns und unsere intuitiven Entscheidungen. Sie passieren nicht einfach so ohne Grund und sind auch nicht dazu da, uns zu verwirren. Ganz im Gegenteil: Gefühle sind wie ein inneres Navigationssystem. Wer den Einfluss des eigenen Handelns auf die eigenen Gefühle erkennt, kann diesen inneren Kompass nutzen. Das eigene Leben bekommt einen Sinn. Auch eigene (Belastungs-) Grenzen können besser respektiert werden.

SELBSTVERANTWORTUNG LERNEN: 7 DINGE, DIE ICH TUN KANN

  1. Sprich in der ICH-Perspektive. Oft formulieren wir viel zu allgemein, phrasenhaft: „MAN konnte merken, wie sich die Entspannung im ganzen Körper ausbreitete.“ bedeutet doch eigentlich: „ICH habe gemerkt, wie sich die Entspannung in meinem ganzen Körper ausbreiten konnte.“ Die Veränderung der eigenen Sprache beeinflusst auch die Veränderung im eigenen Bewusstsein.
  2. Verlass die Opferrolle. Stell dir in jeder Situation die Frage: Was ist MEIN Anteil daran?
  3. Da du naturgemäß immer die Wahl hast, triffst du automatisch jeden Tag Entscheidungen, die dein Leben beeinflussen. ENTSCHEIDE DICH DESHALB BEWUSST! Es ist auch eine Entscheidung, etwas zu unterlassen und nicht zu tun.
  4. Eigene Entscheidungen zu fällen, kann auch für deine Mitmenschen unbequem werden. Trau dich auch mal NEIN zu sagen. Eine gute Variante, sich an das NEIN heranzutasten, ist ein höfliches und mitfühlendes, aber begründetes NEIN zu geben: „Es tut mir leid, dass du einen so schwierigen Kunden hast. Leider kann ich dir dabei nicht helfen, da ich mich selbst nicht so gut mit solchen Fällen auskenne und auch keine Zeit habe, mich da einzuarbeiten, da ich heute eine andere Abgabe fertig kriegen muss.“ Wichtig: Bleib bei deinem NEIN!
  5. Sprich über deine ZIELE! Auf dem Weg sein bedeutet oft auch Unsicherheit. Viele Menschen erzählen ungern von ihren Unsicherheiten, wohingegen über erreichte Ziele im Nachhinein groß und breit berichtet wird. Lass die Unsicherheiten deines Lebens etwas mehr zu. Oft ergeben sich ganz neue Perspektiven, wenn wir über unsere Ziele mit anderen Menschen sprechen. Das sagt schon das Sprichwort: Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden!
  6. Arbeite an deiner EINSTELLUNG! Es sind nicht die Umstände oder die Vergangenheit, die über dein Glück entscheiden. Pessimismus, Perfektionismus, ein übertriebenes Streben nach Unabhängigkeit, Beliebtheit oder Kontrolle oder auch erlernte Hilflosigkeit sind dabei mögliche Störfaktoren. Fühle deinem eigenen Handeln auf den Zahn und arbeite an deinen Einstellungen. Dazu darfst du dir auch Hilfe holen, beispielsweise mit einem Workshop zur Selbstreflektion oder einem persönlichen Coaching.
  7. LIEBE DEIN LEBEN! Hilfreich dafür ist es, wenn du dich mit deinen eigenen Gefühlen verbindest. Spür in dich hinein: Erinnere dich an das Gefühl, wenn dir etwas gelingt, wenn dir etwas sehr großen Spaß macht, so dass du darüber die Zeit vergisst. Wie fühlt es sich an, wenn du in deiner Tätigkeit aufblühst und alles mit Leichtigkeit wie von alleine läuft? Was bedeutet „gut“? Ist es ein Kribbeln, ein inneres Lachen, ein Beschwingt-Sein, ein Gefühl des Zuhause-Seins, Sich-Geborgen-Fühlens, der inneren Ruhe? Such diese positiven Gefühle in deinem Leben. Achte darauf, dass sich diese Gefühle vom kurzen Kick einer Erregung darin unterscheiden, dass sie lange währen. Erkenne deinen Einfluss darauf: Was kannst du tun, um dich öfter in diese positive Gefühlslage zu versetzen?

Wünschen Sie weitere Informationen zum Thema Selbstverantwortung lernen? Wir beraten Sie umfassend und individuell unter 089 – 209 691 89 oder schicken Sie uns Ihre Anfrage einfach per Mail. Einen Überblick über unser offenes Seminarangebot finden Sie hier.

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DAS GEHEIMNIS DER RESILIENZ

Wie das Meer bewegt sich auch unser Leben zwischen den Extremen ruhig und stürmisch.
Mal können wir uns einfach treiben lassen, mal fordert uns das Leben heraus; manchmal so stark, dass wir um unser (seelisches) „Überleben“ kämpfen müssen. Wäre es da nicht eine gute Vorstellung, sich von diesen Lebenssituationen nicht unterkriegen zu lassen, sondern auf den „Wellen des Lebens“ sogar zu surfen?

WAS BEDEUTET RESILIENZ

  • lat. resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘
  • psychische Widerstandsfähigkeit;
  • „die Fähigkeit, Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen“ (Welter-Enderling & Hildenbrand, 2006, S. 13).

RESILIENZFORSCHUNG

In der Forschung wurde ´Resilienz´ erstmals in den 1950er Jahren von Emmy Werner entdeckt. Damals war allgemein bekannt, dass Kinder aus Slums häufig arm bleiben und in die Kriminalität abrutschen. Neu war der Ansatz, sich die Kinder anzuschauen, die trotz prekärer Lebensverhältnisse erfolgreich wurden und es als Erwachsener schafften, sich aus diesem Umfeld heraus zu bewegen.
Werner konnte verschiedene Faktoren finden, die diese positive Entwicklung der Kinder trotz widriger Lebensumstände begünstigten. Später wurden das Konzept und auch die förderlichen Faktoren von Resilienz in der psychologischen Forschung weiter entwickelt.
Man fand heraus, dass bestimmte Lebenseinstellungen oder Haltungen und zusätzlich das Durchleben von Krisen und Herausforderungen die Entwicklung von RESILIENZ fördern.

RESILIENZ IN DER ARBEITSWELT

In der heutigen Arbeitswelt betreffen wechselnde Lebenssituationen und  Anforderungen sehr viele Menschen. ´Resilienz´ bedeutet in diesem Zusammenhang, auf diese verschiedenen Situationen flexibel und angemessen zu reagieren. Stress, Frust oder andere Belastungen können so ohne psychische Folgeschäden gemeistert werden.
„Resilienz ist, wie alle Fähigkeiten, zu einem großen Teil erlernt  –  optimaler- weise durch Erfahrungen in der Kindheit.“
Was können aber die Menschen tun, die im Erwachsenenalter an ihrer Resilienz arbeiten wollen? Gibt es im Leben die Möglichkeit, Versäumtes nachzuholen? Lebenslanges Lernen heißt: unser Gehirn ist plastizit. Es verändert sich ständig und passt sich an, je nachdem wie wir es benutzen und welche Erfahrungen wir machen.

‚NEUROPLASTIZITÄT‘:  AUCH ‚NEURONALE PLASTIZITÄT‘

ist eine Eigenschaft von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen, sich in Abhängigkeit von ihrer Verwendung zu verändern. Neue Erfahrungen verändern das Gehirn eines Menschen bis ins hohe Alter; ohne neuronale Plastizität wäre Lernen nicht möglich. Quelle: Lexikon Stangl

Ein online Training der Resilienz orientiert sich an Schutzfaktoren, die uns in Krisen widerstandfähig machen. Es ist ratsam sich also PRÄVENTIV, also ohne akute Belastung, mit diesen Resilienzfaktoren auseinanderzusetzen. Wir beziehen uns hier auf die 7 Resilienzfaktoren von Prof. Dr. Jutta Heller (2013), die den aktuellen Forschungsstand gut widerspiegeln:

1. AKZEPTANZ

„Wat fott es, es fott!“ Dieser Satz aus dem Kölschen Grundgesetz trifft es ganz gut, was mit AKZEPTANZ gemeint ist: Was vorbei (weg) ist, ist vorbei. Wenn wir uns mit Unabänderlich-keiten abfinden und nicht mit dem eigenen Schicksal hadern, dann nehmen wir unsere Situation an. So schlimm alles auch gewesen sein mag – es hilft nicht, aus der negativen Emotion herauszukommen, wenn wir ständig mit der Ablehnung dessen beschäftigt sind. Denn alle Erfahrungen, auch die negativen, sind ein wichtiger Bestandteil unserer Persönlichkeitsbildung!

 

2. OPTIMISMUS

Menschen, die sich und ihre Umgebung optimistisch bewerten, kommen schneller aus Krisen heraus. Hier geht es nicht um eine rosarote Brille. Es geht um die Fähigkeit, auch die andere Seite der Medaille zu sehen. Denn alles im Leben hat etwas Positives, auch wenn es auf den ersten Blick in Relation zu dem Negativen klein oder unbedeutend erscheinen mag.

 

3. SELBSTWIRKSAMKEIT

Wer kennt es nicht aus dem Munde der Allerkleinsten: das „Selber anziehen!“ oder „Alleine machen!“ bringt viele Eltern im Alltag oft an den Rand der Verzweiflung. Was aber steckt dahinter? Die Überzeugung, etwas selbst zu können, stark und unabhängig zu sein, sich sicher zu fühlen, das kennen auch wir Erwachsenen. Es tut gut, daran zu glauben, dass man der Situation nicht hilflos oder passiv ausgeliefert ist. Wer nur noch auf die äußeren Umstände reagieren kann, um das kleinere Übel in Kauf zu nehmen, fühlt sich schnell im Hamsterrad.
Wer weiß, dass er selbst etwas bewirken kann, wird nicht so schnell von den Wellen des Lebens umgeworfen.

 

4. NETZWERKORIENTIERUNG

Ein verlässliches soziales Umfeld zu haben, das Unterstützung bietet, ist ein großes Plus in akuten Krisen. Allerdings ist der Trick hierbei, sich dann schon ein soziales Netz aufzubauen, wenn alles im Leben rund läuft und man auch gut alleine zurecht kommen würde! Freundschaften pflegen, gerade wenn man sie nicht braucht, und Hilfenetzwerke aufbauen, wenn man selbst vielleicht gar keine Unterstützung nötig hat – das wird von vielen Menschen oft als nicht so wichtig wahrgenommen. Es fehlt die Zeit und es kostet vielleicht auch zu viel Mühe. In einer Krisensituation sind diese Netzwerke und vertrauensvollen Kontakte jedoch Goldwert.

 

5. EIGENVERANTWORTUNG

Es ist wichtig, sich für die eigenen Entscheidungen selbst verantwortlich zu fühlen und auch die Konsequenzen daraus zu tragen, die „Schuld“ also nicht nur bei anderen zu suchen. Letztendlich ist jeder Mensch, unabhängig von seinem Schicksal, für die Gestaltung des eigenen Lebens selbst verantwortlich. Das eigene Schicksal nehmen resiliente Menschen gefühlt „selbst in die Hand“. Hier stellt sich die Frage: „Will ich so (in diesem Schmerz) weiter leben? Oder habe ich ein besseres Leben verdient?“

 

6. ZUKUNFTSORIENTIERUNG

Genau dieser Blick nach vorne ist es, der das Leben nach einer Krise, bildlich gesprochen, „weiter gehen lässt“. Gerade in Krisen ziehen der Blick in die Vergangenheit und die Schwermut der Gegenwart alles in die Tiefe. Jetzt ist es wichtig, die eigene Zukunft selbst zu planen und sich Ziele zu setzen. Menschen mit einer stark ausgeprägten Resilienz zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur einfach irgendwie weiter machen, sondern selbstbestimmt ihre Zukunft in die Hand nehmen!

 

7. LÖSUNGSORIENTIERUNG

Dazu ist es hilfreich, die eigene Aufmerksamkeit auf die Chancen zu richten und auf das zu setzen, was gut funktioniert! Lösungsorientiertes Denken und Handeln, aktiv werden, mit negativen Emotionen konstruktiv umgehen helfen enorm dabei, zurück zu einem glücklichen Leben zu finden.

Auch fernab von schweren Traumata in der Kindheit durch Missbrauch oder Vernachlässigung oder Schicksalsschlägen im Erwachsenenalter betrifft das Thema ´Resilienz´ unseren Alltag. Gescheiterte Beziehungen, familiäre Krisen oder psychische Belastungen am Arbeitsplatz fordern unsere Fähigkeit zum Zufriedensein stetig heraus.
Die größte Gesundheitsgefahr stellt heutzutage laut Weltgesundheitsorganisation WHO STRESS dar. Das Training der Resilienzfaktoren als Stärkung des natürlichen Abwehrsystems macht also gerade in diesen ´stressigen´ Zeiten Sinn.
Unser Tipp: Nehmen Sie diese 7 Resilienzfaktoren ernst und schauen Sie einmal in sich selbst hinein. Gibt es eine der oben beschriebenen Haltungen oder einen Gedanken, der Ihnen noch schwer fällt oder mit dem Sie gar nichts anfangen können? Bei welchen Resilienzfaktoren gibt es noch „Nachholbedarf“? Holen Sie sich Hilfe, solange die Wellen Ihres Lebens ruhig und beherrschbar sind.

Stress ist (zum Glück) größtenteils selbst gemacht. Das bedeutet, dass wir unseren Stress auch am besten selbst wieder „loswerden“ können. In einer kleinen Seminargruppe arbeiten wir an der Reflexion, was den eigenen Stress begünstigt, es werden Übungen zu Entspannung und Achtsamkeit, sowie dem Genusstraining angeboten und Impulse für die eigene Verhaltensänderung gesetzt. Für weitere Informationen bitte hier klicken.

Wünschen Sie weitere Informationen zum Thema Resilienz? Oder haben Sie das Gefühl, dass Ihnen ein Resilienztraining gut tun könnt? Wir beraten Sie umfassend und individuell unter 089 – 209 691 89 oder schicken Sie uns Ihre Anfrage einfach per Mail. Einen Überblick über unser offenes Seminar- und Kursangebot finden Sie hier.

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