Systemisches Coaching - Ein vertiefender Blick auf den Hype
Systemisches Coaching – Was ist das überhaupt? Ein Erklärungsversuch:
Systemisches Coaching ist eine lösungs- und ressourcenorientierte Methode, die darauf abzielt, Menschen bei ihren Anliegen und daraus abgeleiteten Zielen sinnstiftend zu begleiten. Häufig bezieht sich das Anliegen des Coachees (Kunden) auf berufliche Herausforderungen oder auch persönliche Herausforderungen wie bspw. die Bewältigung von Konfliktsituationen.
Im Einzelcoaching arbeiten Coach/Coachin und Coachee eng zusammen – aus der Zusammenarbeit entsteht ein System (Kommunikationssystem) aus zirkulären Wechselwirkungen, in dem der Coach/die Coachin bestenfalls auf einer Meta-Ebene den Coachingprozess stets hinterfragt und mitlaufen lässt, um im Sinne des Anliegens/Ziels des Coachees intervenieren zu können.
Im Prozess des systemischen Coachings wird das Anliegen des Coachees, also zum Beispiel ein Streit mit der besten Freundin, im Kontext also dem Gesamtbild betrachtet, um natürlich hierbei auch auf die Auswirkungen beim Coachee zu blicken. Der Coach/die Coachin stellt im Verlauf des Coachingprozesses gezielte „systemische Fragen“, die den Coachee zum Nachdenken anregen und ihm/ihr neue Perspektiven auf sein/ihr Anliegen eröffnet.
Das Ziel besteht darin, im Coachee neue, attraktive Handlungspotenziale freizusetzen, Möglichkeitspielräume erkennen zu lassen, um für sich in eine „neue Bewegung“ zu kommen. Verändertes Verhalten führt zu veränderten Resonanzen im Bezugsystem (Kontext).
Systemisches Business Coaching
Systemisches Coaching und systemisches Businesscoaching haben viele Gemeinsamkeiten, da beide Ansätze die Grundprinzipien der Systemtheorie in der Arbeit mit Einzelpersonen oder Gruppen verwenden. Systemisches Businesscoaching konzentriert sich spezifisch auf Themen im geschäftlichen Kontext. Hierbei können Ziele wie Leadership-Entwicklung, Teamdynamik, Karriereplanung oder Problemlösung in organisatorischen Strukturen im Vordergrund stehen.
Das bedeutet jedoch nicht (!), dass es auch hierbei nicht sehr persönlich werden kann, denn in jedem professionellen Coaching muss aufrichtig auf sich selbst geguckt werden. D.h. im Coaching werden natürlich die Auswirkungen des Kontextes auf die eigene Person beleuchtet, um Muster, Glaubenssätze, festgefahrene Blickwinkel, etc. zu erkennen.
Unterschied zwischen Beratung und Coaching
Es ist aus unserer Sicht sehr wichtig, diese beiden Ansätze strikt zu trennen. Unserer Erfahrung nach wissen Coachees oftmals nicht, was sie erwartet, wenn sie ein Coaching buchen. Deshalb empfehlen wir vorab immer ein Erstgespräch zwischen Coach/ Coaching und Kunden/ Kundin.
Was Beratung auszeichnet
Beraterinnen und Berater bringen typischerweise Fachwissen und Erfahrung in einem bestimmten Bereich mit. Sie bieten Ratschläge, Empfehlungen und Lösungen für spezifische Probleme oder Herausforderungen. Ziel ist es, konkrete Probleme zu lösen oder Fachwissen zu vermitteln. Die Beraterin gibt spezifische Anleitungen, um Probleme zu bewältigen oder Ziele zu erreichen.
Die Verantwortlichkeit für die Lösung des Problems liegt häufig bei dem/der Expertenberater*in. Nehmen Kunden häufig externe Beratung in Anspruch, können Abhängigkeitstendenzen vom Kunden- zum Beratungssystem entstehen.
Was Coaching auszeichnet
Coaching ist ein Prozess und unterstützt den/die Kund*in, eigene Ressourcen und Lösungen hinsichtlich einer Problemstellung zu entdecken und zu entwickeln. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Selbstreflexion, Bewusstsein und Handlungskompetenzen. Coaching konzentriert sich auf persönliches Wachstum, berufliche Entwicklung und die Erreichung individueller Ziele.
Der Coachee treibt den Prozess auch zwischen den Coachingeinheiten voran und entwickelt somit sukzessiv eigene Lösungen. Coaching bedeutet Weg- oder Prozessbegleitung (Hilfe zur Selbsthilfe). Die Verantwortung liegt primär beim Coachee. Der Coach unterstützt dabei und versucht sich möglichst überflüssig zu machen, um (emotionale) Abhängigkeiten unbedingt zu vermeiden.
Vorteile eines Coachings gegenüber einer Beratung
Wir möchten hiermit Beratungen auf keinen Fall Sinn oder Bedeutung absprechen, im Gegenteil. Beratung hat Vorzüge und eine lange Tradition. Nichtsdestotrotz ist für uns die Tendenz auffällig, dass wir zumindest in Deutschland, ein sehr beratungsorientiertes Land sind. In Beziehungen und auch in Sachthemen ist „guter Rat oft teuer“.
Es wird häufig lieber „bessergewusst“ und beraten als die Person oder das Team gegenüber dabei zu unterstützen, eigene Lösungen zu finden. Aus unserer Sicht ist Coaching eine adäquate Methode und Antwort auf die Herausforderungen unserer Welt.
Vorteile von Coaching gegenüber Beratung:
- Selbstentdeckung und Selbstverantwortung statt Abhängigkeit
- Prozessorientierung statt Expertise
- Fokus auf Weiterentwicklung statt auf (schnelle) Lösungen
- Förderung von Gleichwertigkeit statt Förderung von Expertentum
- Effektivität statt Effizienz
Auch in Coachingprozessen kann eine Kombination aus Coaching und Beratung die effektivste Herangehensweise sein. Wichtig hierbei ist jedoch, dass der Coach/die Coachin den Kunden vorab fragt, wenn er/sie eine eigene Lösung formuliert oder präsentiert.
Methoden im systemischen Coaching
Wir möchten hier fünf gängige Methoden bzw. Werkzeuge aus dem systemischen Coaching vorstellen.
Externalisierung
„Nicht die Person oder die Beziehung ist das Problem, sondern das Problem ist das Problem.“ (White/Epston 2002) Unser herkömmlicher Sprachgebrauch tendiert dazu, Person und Problem gleichzusetzen: Wir sagen zum Beispiel: „Eine Person ist aufsässig“. Dadurch werden Person und Problem sprachlich miteinander verknüpft, wobei das Problem in die Person eingebettet wird – es wird als ein Teil der Person betrachtet, als ein Wesensmerkmal oder eine Charaktereigenschaft.
Eine solche Sichtweise hat jedoch zur Folge, dass es für die Person äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich wird, sich von ihrem Problem zu lösen. Durch die Externalisierung wird diese Verknüpfung aufgehoben, das Problem bzw. seine Merkmale werden aus der Person herausgelöst (externalisiert), wodurch eine Trennung von Problem und Person erfolgt. Auf diese Weise wird es möglich, die Dynamik und Richtung der Interaktion zwischen dem Betroffenen und seinem Problem genau zu untersuchen.
Die Methode der Externalisierung wurde von Michael White in seiner therapeutischen Arbeit mit Kindern entwickelt. Sie hat gezeigt, dass Kinder in der Therapie viel leichter kooperieren, wenn sie nicht als das „ungezogene“, „aufsässige“, „böse Kind“ bezeichnet werden, das sich bessern müsse.
Leichter zugänglich und letztlich kooperativer werden sie, wenn sie beispielsweise gefragt werden, wann denn der „Schlingel“ sie wieder einladen würde Unsinn zu machen… und wie sie auf diese Einladung reagieren würden, ob sie der Einladung immer folgen oder nur manchmal, und wie es sei, wenn sie dem „Schlingel“ widersprechen würden….
Die Externalisierung des Problems hat zum Ziel, die Kunden dabei zu unterstützen, sich von den beherrschenden Geschichten zu lösen. Wenn es den Mitgliedern eines Systems gelingt, sich von ihren „problembefrachteten Beschreibungen“ zu distanzieren, können sie Aspekte ihrer gelebten Erfahrung erkennen, die sie bisher übersehen haben.
Ein Team bspw. muss sich klar darüber werden, dass nicht ein Mitarbeiter zwangsläufig „böse“ oder „aufsässig“ ist, sondern dass es bspw. einen „Scharlaten“ gibt, der ihn zu den Missetaten verführt. Gelingt dies, wird es dem Team möglich, einen neuen Blick für das Problem zu gewinnen. Es kann bislang unbeachtete Aspekte gelebter Erfahrung im Umgang mit dem „Scharlaten“ entdecken und damit beginnen, eine neue, andersartige und weniger problembehaftete Geschichte zu entwerfen.
Refraiming (oder auch Rekontextualisierung)
Wir gehen von der Annahme aus, dass menschliche Denkmuster, Zuschreibungen und Erwartungen in der Regel einen Rahmen (Frame) bilden. Dieser Rahmen dient als eine Art Ordnung, durch die Ereignisse interpretiert und wahrgenommen werden.
Changing your reality, by changing your description.
Reframing ermöglicht es, dasselbe Verhalten völlig anders zu betrachten, zu bewerten und zu erleben. Es eröffnet neue Interpretationen der Wirklichkeit.
Beispiele: Von der alten Beschreibung/ Deutung zur neuen Beschreibung/ Deutung…
- Das Glas ist halbleer – Das Glas ist halbvoll
- Das erhaltene Feedback habe ich als Kritik wahrgenommen – Das erhaltene Feedback liefert mir neue Impulse für persönliches Wachstum
- Die gegenwärtigen Veränderungsimpulse sind beängstigend – Durch die gegenwärtigen Veränderungsimpulse entstehen neue Möglichkeiten und Chancen
Anwendung: Der Coach unterstützt den Coachee dabei, herausfordernde Situationen anders zu betrachten und alternative, attraktive Sichtweisen zu entwickeln. Nutzen: Eröffnet neue Denkmuster, fördert Kreativität und trägt dazu bei, positive Veränderungen herbeizuführen.
Inneres Team
Das Modell des Inneren Teams gehört zu den Ego-State-Ansätzen. Das innere Team wurde von Friedemann Schulz von Thun entwickelt. Ego-Stat-Ansätze gehen davon aus, dass wir im inneren viele unterschiedliche Anteile haben bzw. Teammitglieder haben.
Jedes innere Teammitglied, jede unterschiedliche innere Stimme, verdeutlicht eine andere innerliche Perspektive und damit verbundene Bedürfnisse in Verbindung mit dem geschilderten Kontext. Diese Methode arbeitet mit inneren Konflikten und Ambivalenzen.
Im Coaching ist die Methode des inneren Teams hilfreich, um den Coachee dazu zu bringen, die verschiedenen Anteile seiner Persönlichkeit zu erkennen, miteinander in den begleiteten Austausch zu führen, um schlussendlich einen für die Zielausrichtung des Coachees sinnstiftenden inneren Dialog zu üben und intentional fortzuführen.
Die Methode hilft dabei innere Konflikte zu erkennen, fördert die Würdigung einzelner Anteile und fördert die Selbstakzeptanz.
Auch bei der Entscheidungsfindung kann diese Methode unterstützen.
Strukturaufstellungen
Systemische Strukturaufstellungen gehen zurück auf Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Im Coachingprozess ist die Strukturaufstellung eine wirkungsvolle Methode, um die unsichtbaren Dynamiken von Systemen zu visualisieren.
Hierbei können Stellvertreter oder auch physische Repräsentationen (z.B. von der Glasflasche über den Kugelschreiber bis hin zur Couch) relevanter Systemelemente eingesetzt werden. Diese Methode dient im Coaching dazu, verborgene Muster, Hierarchien und Dynamiken in einem System aufzudecken. Durch die visuelle Repräsentation von sozialen Systemen schafft sie ein tieferes Verständnis für deren Struktur.
Nutzen: Bei dem Coachee fördert die Auseinandersetzung mit der Struktur und den verschiedenen Elementen im Raum ein tieferes Verständnis für die eigene Situation. Die Methode eröffnet neue Möglichkeitsräume, alternative Perspektiven und auch Lösungsansätze. Beispiele für Strukturaufstellungen im Coaching sind das Tetralemma- oder die Ambivalenz-Struktur.
Systemische Fragestellungen
Folgend finden Sie fünf unterschiedliche systemische Fragestellungen mit je drei Beispielen unterlegt:
- „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie zufrieden bist du derzeit mit deinem beruflichen Fortschritt?“
- „Wie stark würdest du deine Teamzusammenarbeit auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten?“
- „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie wirksam waren die letzten Änderungen im Projekt XY?“
- „Kannst du mir eine Zeit beschreiben, in der das Problem nicht so präsent oder weniger belastend war?“
- „Gibt es Momente, in denen du das Gefühl hast, dass die Dinge besser laufen?“
- „Wann hast du bemerkt, dass die Kommunikation in deinem Team besonders effektiv war?“
- „Was fällt euren Kunde auf, wenn ihr professioneller auftretet?“
- „Was könnte dein Partner wahrnehmen, wenn du lernst besser auf dich Acht zu geben?
- „Was glaubst du ändert sich im Teamgefüge, wenn Änderung XY eintritt?“
- „Stell dir vor, du kommst morgen zur Arbeit, und dein größtes Problem ist verschwunden. Was hat sich geändert?“
- „Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würde sich in Bezug auf deine Herausforderung verbessern?“
- „Wenn magische Kräfte dein Team beeinflussen könnten, wie sähe die ideale Zusammenarbeit aus?“
- „Kannst du eine Metapher oder Geschichte finden, die deine derzeitige Situation beschreibt?“
- „Stelle dir vor, du bist der Kapitän eines Schiffes. Wie navigierst du durch die gegenwärtige Herausforderung?“
- „Wenn dein Team eine Geschichte über Erfolg erzählen würde, wie würde sie lauten?“
Wie wird man ein systemischer Coach/ eine systemische Coachin?
Der Begriff „systemischer Coach“ ist rechtlich nicht geschützt, was bedeutet, dass im Grunde genommen jeder sich als systemischer Coach bezeichnen kann. Der systemische Ansatz ist universell zugänglich und erfordert daher auch kein spezifisches Vorwissen. Wesentlich sind jedoch kommunikative Kompetenzen und die Bereitschaft, sich in die Person gegenüber einzufühlen und sich stetig in Systemtheorie weiterzubilden. Für eine erfolgreiche Berufspraxis ist entscheidend von Bedeutung die systemische Haltung stetig zu üben und zu trainieren.
Wir empfehlen eindringlich eine Coachingausbidlung zu absolvieren, die von einem der drei großen Coachingverbänden in Deutschland zertifiziert ist:
- DGSF – Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) e. V.
- dvct – Deutscher Verband für Coaching und Training e.V.
- DBVC – Deutscher Bundesverband Coaching e.V.
Ausbildung für systemisches Coaching
Eine systemische Coachingausbildung ist ein Lern- und Entwicklungsprozess, der darauf abzielt, Fachleute im Bereich Coaching auszubilden. Systemisches Coaching basiert auf der Annahme, dass Menschen und ihre Probleme in einem größeren sozialen und organisatorischen Kontext betrachtet werden sollten.
Eine systemische Coachingausbildung deckt in der Regel eine Vielzahl von Themen ab, darunter:
- Systemisches Denken und Handeln: Teilnehmerinnen lernen, komplexe Systeme zu verstehen und zu analysieren, einschließlich ihrer Strukturen, Beziehungen und Dynamiken.
- Kommunikation und Interaktion: Es werden Fähigkeiten vermittelt, um effektiv mit Einzelpersonen, Gruppen und Teams zu kommunizieren und zu interagieren.
- Coaching-Techniken und Methoden: Teilnehmerinnen werden in verschiedene Coaching-Techniken und -Methoden eingeführt, die darauf abzielen, die Selbstreflexion und das Lernen zu fördern.
- Ethik und Professionalität: Ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung ist die Vermittlung von ethischen Standards und professionellen Richtlinien im Coaching.
- Fallstudien und Praxiserfahrung: Die Ausbildung beinhaltet in der Regel praktische Übungen, Fallstudien und Supervision, um den Teilnehmer*innen die Möglichkeit zu geben, ihre Fähigkeiten in realen Situationen anzuwenden und zu entwickeln.
- Die Ausbildung kann je nach Anbieter und Programm variieren. Aus unserer Sicht ist es ratsam eine Coachingausbildung von einem der drei großen Coachingverbände (siehe unter Punkt „Wie wird man ein systemischer Coach“) zu absolvieren.
- Systemisches Coaching fördert die – persönliche Entwicklung, berufliche Weiterentwicklung, Teamarbeit, Organisationsentwicklung und vieles mehr.
Wer wir sind
Wir lassen uns ein – auf Menschen, Teams und Organisationen. Wir verbinden uns mit den Anliegen unserer Kundinnen und Kunden, hören aufrichtig zu und stellen Fragen, die bewegen.
Unser Job? Wir begleiten Veränderung. Bewusst, reflektiert und mit einem feinen Gespür für Dynamiken und Wechselwirkungen. Dabei bleiben wir anspruchsvoll und flexibel zugleich – mit einer Haltung der Neugier und Bedachtheit. Denn echte Entwicklung braucht Raum, Resonanz und manchmal auch die richtigen Irritationen.
Was uns dabei leitet, ist die Überzeugung, dass jedem Menschen und jedem sozialen System eine eigene Kraft innewohnt. Eine Kraft, die – mit dem richtigen Fokus – dabei hilft, Komplexität zu navigieren, Herausforderungen anzunehmen und Entwicklung gelassen sowie zielorientiert zu gestalten.
Unsere Erfahrung in Coaching, Teamentwicklung und Organisationsberatung fließt nicht nur in unsere Arbeit mit Klienten ein. Wir geben sie auch weiter – als Lehrtrainer*innen für Systemisches Coaching in München. Wir bilden Fach- und Führungskräfte, Coaches und Berater*innen aus, die ihre eigene Wirksamkeit im Umgang mit Veränderungsprozessen vertiefen möchten. Mehr über unsere Ausbildung in Kooperation mit Syscoach.
Häufig gestellte Fragen zum Systemischen Coaching (Faqs)
Was versteht man unter systemischem Coaching und worauf liegt der Fokus?
Systemisches Coaching ist eine lösungs- und ressourcenorientierte Methode, die Menschen bei beruflichen oder persönlichen Herausforderungen begleitet. Der Fokus liegt darauf, das Anliegen des Coachees im breiteren Kontext zu betrachten und durch gezielte Fragen neue Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Ziel ist es, die Selbstreflexion und die Entwicklung eigener Lösungen zu fördern, wobei der Coach den Prozess auf einer Meta-Ebene begleitet und darauf achtet, keine Abhängigkeiten entstehen zu lassen.
Worin unterscheidet sich systemisches Coaching von klassischer Beratung?
Der Hauptunterschied liegt in der Herangehensweise und dem Ziel. Beratung bietetExpertenwissen, Ratschläge und konkrete Lösungen für spezifische Probleme, wobei die Verantwortlichkeit oft beim Berater liegt. Systemisches Coaching hingegen unterstützt den Coachee dabei, eigene Ressourcen und Lösungen zu entdecken und zu entwickeln. Der Fokus liegt auf der Förderung von Selbstreflexion, Bewusstsein und Handlungskompetenzen, wobei die Verantwortung primär beim Coachee liegt. Coaching ist prozessorientiert und zielt auf die Weiterentwicklung ab, während Beratung oft auf schnelle Lösungen ausgerichtet ist.
Welche Vorteile bietet systemisches Coaching im Vergleich zur Beratung?
Systemisches Coaching fördert Selbstentdeckung und Selbstverantwortung anstelle von Abhängigkeit. Es ist prozessorientiert statt auf reine Expertise fokussiert und legt den Schwerpunkt auf die persönliche Weiterentwicklung anstatt auf schnelle Problemlösungen. Zudem fördert es Gleichwertigkeit zwischen Coach und Coachee und zielt auf langfristige Effektivität statt kurzfristiger Effizienz.
Welche gängigen Methoden werden im systemischen Coaching eingesetzt?
Einige gängige Methoden sind die Externalisierung, bei der das Problem von der Person getrennt betrachtet wird, um neue Perspektiven zu gewinnen; Refraiming, das die Umdeutung von Situationen zur Eröffnung neuer Sichtweisen ermöglicht; die Arbeit mit dem Inneren Team, um verschiedene Persönlichkeitsanteile zu erkennen und in Dialog zu bringen; Strukturaufstellungen, die unsichtbare Systemdynamiken visualisieren; und der Einsatz systemischer Fragestellungen, wie Skalierungs-, Ausnahme-, zirkuläre, Wunderfragen sowie Metaphern und Geschichten, um neue Denkprozesse anzustoßen.
Was bedeutet Externalisierung im systemischen Coaching und wie wird sie angewendet?
Externalisierung ist eine Methode, bei der das Problem oder die Herausforderung als etwas außerhalb der Person Liegendes betrachtet wird. Anstatt zu sagen „Ich bin unorganisiert“, könnte man sagen „Die Unordnung beeinflusst mein Leben“. Ziel ist es, die Verknüpfung zwischen Person und Problem aufzuheben, um die Dynamik des Problems zu untersuchen und neue Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Dies kann durch Fragen geschehen, die das Problem personifizieren oder nach dessen Einfluss fragen, um so eine Distanzierung und einen neuen Blickwinkel zu ermöglichen.
Was versteht man unter Refraiming (Rekontextualisierung) und welche Wirkung hat es?
Refraiming oder Rekontextualisierung bezeichnet die Technik, ein und dasselbe Verhalten oder eine Situation in einen neuen Deutungsrahmen zu stellen. Dadurch kann die Bewertung und die emotionale Reaktion darauf verändert werden. Beispielsweise kann ein als „kritisch“ wahrgenommenes Feedback als „Impuls für persönliches Wachstum“ reframed werden. Ziel ist es, neue, positivere oder konstruktivere Sichtweisen zu entwickeln, die neue Denkmuster und Handlungsspielräume eröffnen.
Welche Bedeutung haben systemische Fragen im Coachingprozess?
Systemische Fragen sind gezielte Fragen, die darauf abzielen, den Coachee zum Nachdenken über sein Anliegen im Kontext seiner Beziehungen und Systeme anzuregen. Sie helfen, neue Perspektiven zu gewinnen, Muster zu erkennen und mögliche Auswirkungen von Veränderungen zu beleuchten. Beispiele sind Skalierungsfragen (zur Einschätzung auf einer Skala), Ausnahmefragen (nach Zeiten, in denen das Problem weniger präsent war), zirkuläre Fragen (nach der Wahrnehmung anderer), Wunderfragen (zur Vision einer gelösten Situation) sowie Fragen nach Metaphern und Geschichten (zur tieferen Veranschaulichung).
Wie wird man ein systemischer Coach und welche Empfehlungen gibt es bezüglich der Ausbildung?
Der Begriff „systemischer Coach“ ist rechtlich leider noch nicht geschützt. Grundsätzlich kann sich jeder so bezeichnen. Für eine professionelle Ausübung wird jedoch dringend empfohlen, eine qualifizierte Coachingausbildung zu absolvieren, die von anerkannten Coachingverbänden wie der DGSF, dem dvct oder dem DBVC zertifiziert ist. Eine solche Ausbildung vermittelt systemisches Denken und Handeln, Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten, verschiedene Coaching-Techniken, ethische Grundlagen und bietet praktische Erfahrungen durch Fallstudien und Supervision. Sie ist ein wichtiger Lern- und Entwicklungsprozess, um die notwendige systemische Haltung und Kompetenzen zu erwerben. Wir selbst bieten auch eine systemische Coachingausbildung an, die vom dvct zertifiziert ist. Mehr hierüber erfahren Sie auf unserer Website hier.