Teamführung: Wie Teams lernen, sich bewusst(er) in die gewünschte Richtung zu lenken

Über ein Verständnis von Teamführung als fortwährender Entwicklungsprozess

Organisationen und Teams sind keine statischen Gebilde, das ist soweit nichts Neues. Vielmehr sind sie lebendige, soziale Prozesse, die sich permanent in unterschiedlichsten Veränderungsschleifen, auf unterschiedlichsten Ebenen befinden. Überschaubar ist dies sicherlich nicht! Wer dies dennoch behauptet, geht von kausalen Steuerillusionen aus – hiervon möchten wir in einer volatilen Welt ausdrücklich abraten!

Veränderung ist normal - Stillstand hingegen aktiv erzeugt

Heraklit betonte einst: „Alles fließt“. Diesen Gedanken möchten wir aufgreifen und auf alles überstülpen mit dem jede/r von uns Tag ein, Tag aus zu tun hat. Alles ist prozessual: wir selbst, unsere Beziehungen, Gesellschaften gar Gegenstände verändern sich feinstofflich über die Zeit. Somit transformieren und erneuern sich auch soziale Systeme wie Teams oder Organisationen fortwährend selbst – kompletter Stillstand wäre auf absehbare Zeit der sichere Tot.

Aus diesen Vorüberlegungen erschließt sich der Satz „Veränderung ist die Konstante unserer Welt, nicht die Unveränderbarkeit!“. Selbst der aktuell wahrgenommene Stillstand ist, in Anlehnung an die Metatherorie der Veränderung, ein aktiv erzeugter Prozess auf Grundlage von unterschiedlichen und v.a. veränderbaren Entscheidungen. Kein Zustand dieser Welt hält unendlich lange – die Evolution lehrt uns das. Irgendwann kommt es zwangsläufig zu einem (wichtigen) Veränderungsimpuls – ob gut oder schlecht, diese Frage stellt sich aus systemtheoretischer Perspektive erst einmal nicht.

Dieser zugegeben eher ungewöhnliche Blick auf Teams und Organisationen, ist aus unserer Sicht jedoch erst einmal wichtig, wenn wir in diesem Blogbeitrag auf die bewussten Anstrengungen von Teamführung blicken möchten, das Team in eine gewünschte Richtung zu entwickeln.

Verwandlungs- versus Stabilitätskompetenz

Die aktuellen Zustände unserer Welt – instabile Märkte, technologische Sprünge, gesellschaftliche Brüche – verlangen von Unternehmen mehr denn je die Fähigkeit, sich laufend neu auszurichten, ohne den Halt zu verlieren. Organisationen, die heute überleben wollen, müssen zwei Dinge gleichzeitig können: sich verändern und dabei stabil bleiben. Transformationskompetenz oder übersetzt Verwandlungskompetenz heißt, nicht auf den nächsten Trend aufzuspringen, sondern gezielt Irritationen aus der Umwelt aufzugreifen und intern in sinnvolle, anschlussfähige Veränderungen zu übersetzen. Stabilitätskompetenz bedeutet, inmitten von Wandel klare Orientierung zu geben, verlässliche Prozesse zu sichern und damit Handlungsfähigkeit zu bewahren. Entscheidend ist die Balance – wer nur auf Wandel setzt, verliert an Kontinuität, wer nur stabil bleiben will, wird unbeweglich. Erfolgreiche Unternehmen schaffen es, beides systematisch zu organisieren, sinnvoll zu streiten, ohne sich selbst dabei dauerhaft aus dem Takt zu bringen.

Teamführung ist immer in unterschiedlichste Spannungsfelder eingebettet

Teams in Organisationen bewegen sich ständig zwischen widersprüchlichen Erwartungen – aus der Organisation selbst, aus einzelnen Teamrollen heraus oder bspw. durch neue Anforderungen aus dem Markt. Dabei bestehen aus systemtheoretischer Sicht Teams nicht aus Menschen, sondern aus Kommunikation – und genau da wird entschieden, wie mit diesen Spannungen umgegangen wird. Diese Spannungen sind kein Problem, sondern normal! Entscheidend ist, wie gut ein Team sie erkennt, besprechbar macht und für sich nutzt. Teamführung – im Sinne der Organisation streitet, bringt Unterschiede in Bewegung und schafft Klarheit, wo es Richtung braucht. Harmonisch muss das nicht sein, kann aber Spaß machen!

Die Sache mit der Führung

In Teams wird Zusammenarbeit ausgehandelt, Routinen aufgebaut und Spielräume erschlossen bzw. stabilisiert. Für uns bedeutet an dieser Stelle Führung noch, dass doe Führungskraft „einfach“ entscheidet oder eine Ansage macht, vielmehr beschreibt Führung eine Haltung: Lernprozesse zu ermöglichen, Entwicklung offenhalten, das Team in produktive Selbststeuerung bringen und zu streiten – dafür braucht es auch die Mitarbeit aller Teammitglieder!

Wir verstehen Führung somit als sozialen, gemeinsamen Prozess – nicht als Dauerrolle einer Person, sondern als geteilte Verantwortung. Der Fokus der Aufmerksamkeit im Team wird immer wieder neu gesetzt. Alle, die sprechen, gestalten mit. Wer sich einbringt, wer schweigt, wer Fragen stellt oder Entscheidungen anstößt – all das ist Führung. Führung ist nicht das, was eine Führungskraft tut. Es ist das, was im Team passiert.

Die Rolle der Führungskraft

In Zeiten, in denen Organisationen mit Schnelligkeit, Komplexität und immer kleinteiligerem Wissen umgehen müssen – auch jenseits klassischer Linienführung, etwa im Projektmanagement – wird Führung neu verhandelt. Eine zentrale Frage dabei: Wie gestaltet eine Führungskraft die Dynamik zwischen Struktur und Flexibilität so, dass sich das Team in die Richtung entwickeln kann, die es wirklich braucht bzw. in die es sich aktuell entwickeln muss? Genau hier wird es spannend, denn Teamführung ist kein Event, sondern ein fortlaufender, meist unbewusster Prozess. Und der braucht Führung, die nicht alles steuert, sondern den Raum hält: als Gestalter*in von Kontext, Klarheit und Entwicklungsfähigkeit.

Was kann eine Führungskraft konkret fördern, damit dieser Prozess gelingt?

Neun Leitideen für Führung und Teams, die Entwicklung ernst meinen:

Teams brauchen Orientierung: Worum geht’s, wofür tun wir das, wo wollen/ müssen wir hin? Führung heißt, immer wieder einen Rahmen für das „Wie“ und „Was“ zu setzen und die Richtung gemeinsam zu beschreiben.

Vertrauen vs. Kontrolle, Stabilität vs. Wandel, Schnelligkeit vs. Gründlichkeit – Paradoxien sind normal. Teams, die lernen, mit Paradoxien zu leben, sie kreativ zu managen und nicht vorschnell auf „richtig oder falsch“ zu schalten, gewinnen an Reife.

Beschreiben vor bewerten – Entstehende Resonanzphänomene für Entwicklung und/ oder Stabilität nutzbar machen. Wer Resonanzen einlädt, öffnet Räume für neue Sichtweisen und erweitert das gemeinsame Verständnis im Team – das soziale Feld / Team wächst.

Gute Fragen regen das System an – sie schaffen Irritation, die das Denken verändert. Gute Fragen regen darüberhinaus Antworten an, die einfache Vorgaben bzw. Lösungen möglicherweise nie gefunden hätten. In einer schnellen, vernetzten Welt ist schnelles Antworten auf drängende Fragen manchmal existentiell.

Entwicklung passiert von selbst. Ist diese Entwicklung allerdings gewünscht? Teams und Führung brauchen feste Formate, um innezuhalten: Was ist förderlich? Was ist hinderlich? Wo wollen wir hin? Wie stehen wir uns selbst im Weg? Wovon mehr? … Reflexion darf kein Luxus sein – sie ist das Betriebssystem für bewusste Entwicklung und Stabilität.

Gefühle gehören dazu. Gerade in Veränderung zeigen sie oft, was gerade wirklich auf dem Spiel steht. Die Kunst ist, sie weder zu ignorieren noch zu dramatisieren, sondern sie in den richtigen Kontext zu setzen.

Teams wachsen meist, wenn sie Verantwortung haben und ihre eigenen Wege gehen dürfen – für Inhalte, Prozesse, Entscheidungen. Führungskräfte sollten dabei ansprechbar sein und bei Bedarf unterstützend intervenieren bzw. eingreifen.

Tools wie KI können Reflexion anstoßen, Routinen unterstützen, neue Perspektiven einbringen. Nicht als Ersatz für Denken – sondern als Erweiterung für den eigenen Teamführungsprozess. Das Gespräch mit KI kann das Gespräch im Team vertiefen und den gewünschten Entwicklungsprozess beschleunigen.

Teams die Führung als gemeinsamen Prozess verstehen, sehen klarer die gemeinsame Verantwortung für Entwicklung. Aus unserer Sicht ist es immens wichtig das Führungskräfte ihr Team immer wieder daran erinnern.

Fazit

Wer Teams entwickeln will, muss aufhören zu glauben, sie ließen sich wie Maschinen steuern. Organisationen sind keine Uhrwerke, sondern lebendige, soziale Systeme. Entwicklung passiert nicht linear, sondern in Spannungen, Schleifen und manchmal auch im Widerspruch. Gute Führung erkennt das – und stellt nicht sich selbst in den Mittelpunkt, sondern das, was im Team entstehen soll.
Es geht darum, Räume zu halten, nicht Lösungen zu diktieren. Orientierung zu geben, ohne zu eng zu führen. Verantwortung zuzulassen, ohne sich rauszuziehen. Und Impulse zu setzen, die das System anregen, sich selbst weiterzuentwickeln. Nicht perfekt – aber bewusst. Nicht planbar – aber wirksam.
Denn Teams entwickeln sich nicht trotz Unsicherheit, sondern genau darin. Teamführung, die das möglich macht, macht den Unterschied und das kann nie immer einfach sein!