STRESSVERSTÄRKER PERFEKTIONISMUS – Wenn „gut genug“ nicht reicht
Perfektionismus – klingt zunächst nach einem Qualitätsmerkmal. Doch wenn der Wunsch nach dem Besten in den Zwang zur Fehlervermeidung kippt, wird er zur Belastung. Viele Führungskräfte und Mitarbeitende erleben täglich, wie der Drang zur makellosen Leistung nicht nur Energie raubt, sondern auch Entwicklung hemmt.
Perfektionismus ist ein Stressverstärker. Und er ist nicht nur individuell – sondern auch strukturell bedingt.
Wenn Organisationen Perfektionismus begünstigen
Perfektionismus ist nicht nur eine persönliche Eigenschaft – er wird auch durch organisationale Muster genährt. Führung, Strukturen und Kommunikationskultur wirken direkt darauf ein, ob Mitarbeitende sich sicher fühlen, etwas ausprobieren dürfen – oder glauben, permanent „liefern“ zu müssen.
Organisationen fördern Perfektionismus zum Beispiel durch:
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Unausgesprochene Null-Fehler-Kultur
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Belohnung für Überstunden
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Abwertung von Iteration („noch nicht durchdacht“)
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Anerkennung fast ausschließlich über Leistung
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Mikromanagement und fehlende Entscheidungsfreiheit
Die Folge: Fehlervermeidung wird zur Priorität – und blockiert Innovation, Zusammenarbeit und Selbstfürsorge.
Fünf Beispiele für Perfektionismus im organisationalen Kontext
Förderlich, funktional:
- Hoher Qualitätsanspruch in sicherheitskritischen Bereichen
- Fokus auf Detailgenauigkeit bei komplexen Projekten
- Anspruch, sich stetig zu verbessern
- Gute Vorbereitung auf Meetings
- Strukturierter Umgang mit Standards
Hinderlich, dysfunktional
- Fehler sollten nicht passieren – auch wenn sie menschlich wären
- Kein Projektabschluss, weil „es noch nicht perfekt ist“
- Ständiger Zweifel an sich selbst trotz guter Leistung
- Überperfektionierung von PowerPoint statt inhaltlicher Klarheit
- Regelungswut verhindert kreative oder pragmatische Lösungen
Was steckt hinter perfektionistischem Verhalten?
Häufig ist Perfektionismus eng mit einem übersteigerten Leistungsmotiv verbunden – dem tiefen Wunsch, dazuzugehören, gebraucht zu werden, als kompetent zu gelten.
Doch wenn die Angst vor Fehlern oder Ablehnung dominiert, kippt das Motiv: Leistung wird zum Schutzschild, nicht mehr zur Ausdrucksform.
Perfektionistische Mitarbeitende oder Führungskräfte:
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trauen sich seltener, „Nein“ zu sagen,
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machen lieber selbst, statt abzugeben,
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vermeiden Risiken,
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interpretieren Kritik als persönliche Abwertung.
Die Folge: chronischer Stress, Selbstüberforderung – und langfristig Erschöpfung.
Wie sich Perfektionismus wandeln lässt
Perfektionismus muss nicht bekämpft werden – aber er braucht Differenzierung. Nicht alles muss 100 % sein. Manchmal reichen 80 % – und die Energie, die dabei frei wird, ist oft wirksamer als der letzte Feinschliff.
Förderliche Fragen für Mitarbeitende und Führungskräfte:
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Wo in unserer Organisation entsteht Druck zur Fehlervermeidung?
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Wie bewerten wir Leistung – und wie sprechen wir über Fehler?
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Wo wäre „gut genug“ besser als „noch besser“?
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Was sagt unsere eigene Reaktion auf Fehler über unsere eigene Haltung aus?
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Wie gehe ich mit meinem eigenen Perfektionismus um?
- Welche organisationale Regeln (Verhältnisveränderungen) könnten uns bei dem Thema Perfektionismus entlasten?
Im Einzelcoaching oder im Team-Workshop gezielt reflektieren lernen
Sich selbst – oder einander im Team – immer wieder bewusst zu hinterfragen, ist kein Zeichen von Unsicherheit, sondern Ausdruck eines verantwortungsvollen Umgangs mit sich selbst und miteinander.
Denn nichts geschieht einfach so – alles wird erzeugt, gehalten oder übergangen.
Wer lernt, die Perspektive zu wechseln und regelmäßig die Metaebene einzunehmen, erkennt Muster, die bislang unbewusst gewirkt haben – und Spielräume, die vorher unsichtbar waren.
So entstehen Beweglichkeit im Denken, neue Verbindungen im Miteinander und ein kluger Umgang mit dem, was behindert – oder fördert.
Reflexion ist für uns mehr als ein Rückblick – sie ist eine Methode, um auf den sprichwörtlichen Balkon zu steigen: Abstand zu gewinnen, Überblick zu gewinnen, und den eigenen Platz im Zusammenspiel neu zu sehen.
Interessiert?
Wenn Sie mehr über unsere Einzelcoachings (Coachings für Führungskräfte / Coachings für persönliche Entwicklung) oder Team-Workshops erfahren möchten, schreiben Sie uns unter kontakt@dasperspektivenwerk.de oder rufen Sie uns unter +49 (0)89 – 209 691 89 an.
Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.