Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen

Im systemischen Denken betrachten wir Probleme nicht als isolierte Störungen, die es schnell zu beheben gilt, sondern als aufkommende Phänomene – manchmal sogar als funktionale Dynamiken im Zusammenspiel unterschiedlicher Entscheidungen innerhalb eines sozialen Systems.

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen legt offen: Ein Problem ist selten das Werk Einzelner, sondern entsteht im Geflecht von Beziehungen, Kommunikationsdynamiken und vorangegangenen Lösungsentscheidungen – also im kollektiven Zusammenspiel eines sozialen Systems entstehen Probleme und gleichzeitig Lösungen.

Statt vorschnell Ursachen oder Schuldige zu suchen, lenkt dieser Blick die Aufmerksamkeit auf die Wechselwirkungen:

  • Wer oder was stabilisiert das Problem in unserem System?
  • Welche Funktion erfüllt das Problem?
  • Was wäre der Gewinn – und was der Preis, wenn es plötzlich verschwände?
  • Wer profitiert vom spannungsreichen Status quo?

Diese Fragen machen sichtbar: Probleme sind nicht per se schlecht. Oft sichern sie Stabilität, Zugehörigkeit oder Orientierung – auch wenn das mitunter teuer erkauft ist.

Lösungen neu denken: Vom Symptom zur Entwicklungschance

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen bedeutet auch, vorsichtig bzw. behutsam mit schnellen Lösungsideen umzugehen. Denn jede neue Lösung verändert das System – sowohl zum „Postiven als auch zum Negativen“. Sie bringt neue Dynamiken – inklusive Unsicherheiten und nicht voraussehbaren Nebenwirkungen. Deshalb geht es nicht darum, die „richtige Lösung“ zu finden, sondern darum, gemeinsam tragfähige Entwicklungsrichtungen zu gestalten und festzulegen:

  • Welche Bewegungen im System wollen wir fördern?
  • Welche Nebenwirkungen könnten auftreten?
  • Was können wir in Kauf nehmen?
  • Wo braucht es zunächst mehr Verstehen, bevor neues Handeln möglich wird?

Aus systemischer Sicht entstehen anschlussfähige Lösungen nicht ausschließlich durch Entscheidungen Einzelner – sondern im gemeinsamen Dialog. Es ist ein bewusstes Tasten nach neuen Möglichkeiten, wohlwissend, dass jede Lösung wiederum ihren Preis haben wird.

Haltung: Demut gegenüber Komplexität

Der systemische Blick auf Probleme und Lösungen erfordert eine besondere Haltung: Neugier statt Eindeutigkeit. Fragen statt schneller Antworten. Und die Bereitschaft, nicht alles sofort verändern zu müssen – geschweige denn zu können.
Probleme werden so zu Einladungen, das eigene System tiefer zu verstehen – und Entwicklung als etwas zu begreifen, das nicht gemacht, sondern nur angestoßen werden kann.

Fazit

Der systemische Blick öffnet neue Räume: Für Verstehen. Für Verbindung. Für Lösungen, die tragen. Wer ihn einnimmt, versteht, dass das Lösen von Problemen immer auch Lösungsprobleme (vgl. Matthiesen / Muster / Laudenbach, 2022, S. 109 ff.) hervorruft. Das Wechselspiel zwischen Lösung und Problem ist ein fortschreitender Prozess – Ausgang ungewiss.

Sie möchten den systemischen Blick in Ihrem Alltag stärken?

Ob als Führungskraft, Berater*in oder Geschäftsführer*in: Das bewusste Arbeiten mit und an Mustern, Dynamiken und Wechselwirkungen verändert, wie wir Probleme und Lösungen verstehen – und wie wir darüberhinaus wirksam gestalten.
In all unseren Formaten unterstützen wir Sie dabei, Ihre Wahrnehmung zu schärfen, Hypothesen zu entwickeln und Entwicklungsprozesse klug zu begleiten. Wenn Sie neugierig geworden sind, lassen Sie uns gern ins Gespräch kommen. Nehmen Sie hier Kontakt zu uns auf oder schreiben Sie uns eine E-Mail an: info@dasperspektivenwerk.de

 

Literaturverweise in diesem Artikel:
Matthiesen, K. / Muster, J. / Laudenbach, P. (2022): Die Humanisierung der Organisation, Vahlen Franz GmbH